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ASIEN/608: Burma - Neuer Rückschlag für Demokratisierung und Versöhnung


Presseerklärung vom 13. Februar 2015

Neuer Rückschlag für Demokratisierung und Versöhnung in Myanmar

Burmas Präsident entzieht Muslimen Rechte nach Protesten buddhistischer Nationalisten


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Burmas Staatspräsident Thein Sein vorgeworfen, sich dem Druck buddhistischer Nationalisten zu beugen und die muslimische Rohingya-Minderheit systematisch auszugrenzen, statt die Versöhnung zwischen Buddhisten und Muslimen zu fördern. Der Präsident hatte gestern nach massiven Protesten buddhistischer Extremisten überraschend politische Teilnahmerechte für Muslime annulliert, die keine Staatsbürger Burmas sind. So wurde den Trägern einer so genannten "Weißen Karte" die Teilnahme an einem bevorstehenden Referendum über eine Verfassungsreform verweigert. "Thein Sein ist Opfer seines eigenen Zündelns geworden. Monatelang förderte er den zunehmenden Einfluss buddhistischer Extremisten. Heute diktiert ihm dieser Mob seine Politik, die rechtsstaatlichen Grundsätzen widerspricht", erklärte der GfbV-Asien-Experte Ulrich Delius am Freitag in Göttingen.

Die GfbV forderte die Außenbeauftragte der Europäischen Union (EU) Federica Mogherini auf, die weitere Einschränkung der Rechte der Rohingya nachdrücklich zu verurteilen. Der für Menschenrechte und Demokratisierung zuständige stellvertretende US-Außenminister Tom Malinowski kritisierte bereits öffentlich die Einschränkung der Rechte und bezeichnete sie als kontraproduktiv bei der Suche nach einer Versöhnung zwischen Buddhisten und Muslimen.

In den letzten Tagen hatten hunderte buddhistische Mönche und Nationalisten in Demonstrationen eine Abschaffung von politischen Mitwirkungsrechten für Rohingya gefordert. Auf Transparenten riefen sie zur Ausgrenzung der von ihnen als "bengalische Arbeitsmigranten" beschimpften Rohingya auf, denen die Anerkennung als Staatsbürger Burmas verweigert wird. "Die "Weiße Karte" schützt die Rohingya nicht vor Diskriminierung und der massiven Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit", erklärte Delius. So werden Rohingya in ihrem Hauptsiedlungsgebiet im Rakhine Staat regelmäßig an Straßensperren von Soldaten abgewiesen und am Verlassen ihrer Dörfer gehindert. "Die "Weiße Karte" gewährt den Rohingya allenfalls einen Status als Bürger dritter Klasse. Präsident Thein Sein wollte dieses Konzept trotzdem weiterentwickeln, um im Ausland fälschlicherweise den Eindruck zu erwecken, Rohingya würden quasi wie normale Staatsbürger behandelt.

Rund 500.000 der 850.000 Träger einer "Weißen Karte" sollen Rohingya sein. Die Karte wurde im Jahr 1993 erstmals ausgegeben. Erst am 2. Februar 2015 hatte das Parlament Burmas auf Anregung Thein Seins beschlossen, auch Trägern der "Weißen Karte" die Teilnahme an dem geplanten Verfassungsreferendum zu gestatten. Angesichts der Proteste ließ der Staatspräsident nun ankündigen, das Wahlrecht für Träger der "Weißen Karte" werde am 31. März erlöschen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. Februar 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2015

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