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ASIEN/706: Indiens Hindu-Nationalisten gefährden mit Populismus sozialen Frieden


Presseerklärung vom 28. März 2017

Kein Fleisch für 200 Millionen Inder
Muslime streiken wegen willkürlicher Schließungen von Schlachthöfen

Indiens Hindu-Nationalisten gefährden mit Populismus sozialen Frieden


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat nach dem Triumph von Hindu-Nationalisten bei Regionalwahlen in Indien vor Übergriffen von Hindu-Extremisten auf religiöse Minderheiten gewarnt. "Mit großer Sorge verfolgen wir die systematische Ausgrenzung und Marginalisierung von Andersgläubigen durch den neuen Hindu-nationalistischen Chefminister in Indiens bevölkerungsreichstem Bundesstaat Uttar Pradesh. Wer Menschen nur aufgrund ihres Glaubens de facto mit einem Berufsverbot belegt, verstößt gegen die säkulare Staatsverfassung Indiens und gegen internationale Menschenrechtskonventionen", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen.

Seit dem gestrigen Montag befinden sich alle 41 Schlachthöfe in dem von 204 Millionen Menschen bewohnten Bundesstaat im Ausstand, um gegen ihre drohende willkürliche Schließung durch die Regionalregierung zu protestieren. Aus Solidarität wollen sich ab heute auch die Fischverkäufer dem Streik anschließen. Die meisten Schlachthöfe werden von Muslimen betrieben, die in den staatlichen Schließungsverfügungen einen gezielten Angriff auf ihre wirtschaftliche Existenz und Berufsfreiheit sehen. Die Behörden hingegen leugnen jede Willkür und behaupten, nur gegen illegale Schlachthöfe vorzugehen, die den Hindu heilige Kühe töteten. Einen Beweis für illegale Schlachtungen blieb die Regionalregierung bislang jedoch schuldig. Die Schlachthöfe beteuerten, nur wie gesetzlich erlaubt Fleisch von Wasserbüffeln und Ziegen zu vertreiben.

Die umstrittenen Verfügungen wurden von dem neuen Chefminister Uttar Pradeshs, dem radikalen Hindu-Demagogen Yogi Adityanath erlassen. Er hatte mit seiner nationalistischen Partei Bharatiya Janata Party (BJP) einen Erdrutschsieg in dem Bundesstaat bei den Regionalwahlen Mitte März 2017 errungen. Schon vor der Wahl war er mit rassistischen und demagogischen Äußerungen gegenüber Andersgläubigen aufgefallen. So hatte er mehrfach gefordert, Indien zur Hindu-Nation zu erklären und mehr Konversionen von Christen zum Hinduismus gefordert. Mutter Theresa hat er vorgeworfen, Indien christianisieren zu wollen. Besonders diffamierend äußert er sich regelmäßig zum Islam. So erklärte er, dass für jedes Hindu-Mädchen, das den Glauben wechselt, 100 Musliminnen zum Hinduismus zwangsweise "bekehrt" würden. Muslime stellen rund 20 Prozent und Christen 0,2 Prozent der Bevölkerung Uttar Pradeshs.

"Indiens Hindu-nationalistischer Premierminister Narendra Modi setzt auf Populismus und Ausgrenzung Andersgläubiger, um seine Macht zu stärken. Statt den Dialog zu fördern, lässt er polarisieren, eine fatale Entwicklung für Asiens größte Demokratie", erklärte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 28. März 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2017

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