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EUROPA/383: Keine Zugeständnisse ohne Verhaftung von Karadzic und Mladic


Presseerklärung vom 6. Februar 2007

Zur Serbien-Reise von Ferrero-Waldner/Solana/Steinmeier:

Keine Zugeständnisse ohne Verhaftung von Karadzic und Mladic


Anlässlich der bevorstehenden Reise der so genannten EU-Troika des deutscher Außenministers Frank Walter Steinmeier, der EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner und des EU-Außenbeauftragten Javier Solani nach Belgrad am 7. Februar 2007 appellierte der Präsident der "Gesellschaft für bedrohte Völker International" Tilman Zülch heute an die drei verantwortlichen Politiker bei ihren Gesprächen mit der serbischen Regierung die Festsetzung und Auslieferung der mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic und Ratko Mladic zur unabdingbaren Vorbedingung jeder Konzession an Serbien zu machen. Im gleichen Sinne richtete die GfbV Int. in der vergangenen Woche Schreiben an alle europäischen Regierungschefs und Außenminister an das Europäische Parlament und den Europarat.

So wichtig für die Zukunft der Abschluss eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens als Vorstufe zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Serbien ist, so verantwortungslos wäre es, wenn die beiden schlimmsten noch lebenden europäischen Kriegsverbrecher seit der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges nicht zur Verantwortung gezogen würden. "Weltweit hochangesehene jüdische Persönlichkeiten wie der letzte überlebende Kommandeur der Freiheitskämpfe des Warschauer Ghettos Marek Edelmann oder der verstorbene Leiter des "Dokumentationszentrums des Bundes Jüdischer Verfolgter des Nazi-Regimes" Simon Wiesenthal haben die Kriegsverbrechen in Bosnien mit "Bestandteilen" des Holocausts verglichen und sich für die Opfer engagiert. Beide haben auch jahrelang die Menschenrechtsarbeit der Gesellschaft für bedrohte Völker für die bosnischen Opfer unterstützt. Es wäre eine unsägliche Verhöhnung dieser Männer, wenn die Vertreter Europas jetzt ein Abkommen mit Serbien schließen würden, dessen verantwortliche Politiker in den vergangenen Jahren alles unternommen haben, um die Festnahme von Karadzic und Mladic zu verhindern", heißt es in den Schreiben von Zülch.

In dem Schreiben wird weiter an den kaltblütigen Massenmord an 8373 unbewaffneten bosnischen Knaben und Männern in Srebrenica erinnert und darauf hingewiesen, dass man bis heute 6800 der Opfer exhumiert und erst 2442 identifiziert und in der Gedenkstätte in Potocari am Selektionsort in der ehemaligen UN-Schutzzone beigesetzt worden seien. Gleichzeitig erinnert die Menschenrechtsorganisation daran, dass Karadzic und Mladic für die Inhaftierung von über 200.000 bosnischen Zivilisten in Internierungs- und Konzentrationslagern und dort für den Tod von bis zu 30.000 Häftlingen verantwortlich seien. Sie weist darauf hin, dass bis zu 20.000 bosnische Frauen zum Teil monatelang in Vergewaltigungslagern festgehalten wurden. Allein im vier Jahre eingeschlossenen und täglich beschossenen Sarajewo seien etwa 12.000 Einwohner umgekommen. "In fast allen Städten und Dörfern des Drina-Tals in der bosnischen Krajina und in der nördlichen Posovina wurden unzählige Massaker und völkermordartige Verbrechen verübt. In einigen der Städte der Podrinja (Drina-Tal), so in Zvornik, in Foca und in Visegrad, Schauplatz des weltbekannten Romans des Nobelpreisträger Ivo Andric "Die Brücke über die Drina" fanden Tausende während des Einmarsches der Milizen von Karadzic und Mladic den Tod", heißt es weiter.

Wie die Kriegsverbrechertribunale in Nürnberg und Tokio nach Ende des Zweiten Weltkrieges, dürfe auch das Internationale Kriegsverbrechertribunal Tribunal (ICTY) in Den Haag nicht auseinander gehen, bevor die Hauptverantwortlichen nicht vor Gericht gestellt und das Genozidverbrechen in Bosnien, die Massenvergewaltigungen und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht untersucht und die Täter nicht verurteilt würden. Es sei Aufgabe der Europäer in diesem Sinne auf den UN- Sicherheitsrat einzuwirken, damit die Arbeit des Haager Tribunals bis zum Abschluss der Untersuchungen fortgesetzt wird.

In diesem Zusammenhang begrüßt unsere Menschenrechtsorganisation die eindeutige Erklärung des US-Beauftragten für Kriegsverbrechen im State-Department John Clint Williamson nach der das ICTY erst nach Abschluss der Prozesse gegen Karadzic, Mladic und weitere flüchtige gesuchte Kriegsverbrecher seine Tore schließen dürfe", heißt es am Schluss des Schreibens.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 6. Februar 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2007