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EUROPA/529: Appell an Westerwelle - Sanktionen gegen Gewaltregime in Damaskus verschärfen


Presseerklärung vom 24. Mai 2011

Appell an Westerwelle: Sanktionen gegen Gewaltregime in Damaskus verschärfen - syrischen Botschafter ausweisen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Dienstag an Außenminister Guido Westerwelle appelliert, den syrischen Botschafter aus Deutschland auszuweisen. "Diplomatische Vertreter eines Staates, dessen Machthaber selbst auf Trauerzüge das Feuer eröffnen und friedliche Menschen auf offener Straße erschießen lassen, haben in Deutschland keinen Platz", schrieb der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch an Westerwelle. "Unsere Menschenrechtsorganisation begrüßt den Beschluss der Europäischen Union, dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und zahlreichen anderen Vertretern seines Regimes in Damaskus ein Einreiseverbot in die 27 Staaten der EU zu erteilen. Doch angesichts der aktuellen dramatischen Lage in Syrien müssen die Sanktionen verschärft werden. Eine Ausweisung des Botschafters wäre ein klares und konsequentes Zeichen dafür, dass Deutschland auf Seiten der Demokratiebewegung steht. Eine bloße Verurteilung des brutalen Vorgehens der syrischen Sicherheitskräfte ohne die Ergreifung weiterer Schritte reicht nicht aus."

Bei friedlichen Protesten und bei Begräbnissen getöteter Demonstranten wurden in Syrien seit vergangenem Freitag mindestens 50 Menschen von Sicherheitskräften erschossen. Insgesamt wurden seit Anfang März mindestens 900 mutmaßliche Regimegegner getötet und fast 9000 Oppositionelle festgenommen, vor allem Intellektuelle und Reformaktivisten. Etwa 5000 syrische Staatsbürger sind teilweise unter Beschuss über die Grenze in den Libanon geflohen.

Die GfbV hofft, dass eine weitere Eskalation der Lage in Syrien durch erhöhten diplomatischen Druck verhindert werden kann. "Darüber hinaus muss Deutschland auch Flagge für die politischen Gefangenen zeigen und ihre Freilassung verlangen", heißt es in dem GfbV-Appell. Seit Jahrzehnten werden Oppositionelle, Menschen- und Bürgerrechtler in Syrien verfolgt, verschleppt und ermordet oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, um sie aus dem Verkehr zu ziehen. Das Regime von Baschar al-Assad ging bisher mit großer Härte auch gegen die kurdische Volksgruppe und die christliche Minderheit der Assyrer-Aramäer vor. Trotzdem hat Deutschland mit Syrien 2008 ein Rücknahmeabkommen geschlossen, und deutsche Behörden haben jahrelang politische Flüchtlinge in die Hände des Gewaltherrschers abgeschoben.

Die rund zwei Millionen Kurden, die in drei Regionen an der Grenze zur Türkei die Mehrheit der Bevölkerung stellen, haben weder kulturelle noch sprachliche noch politische Rechte. Mindestens 600 Kurden sollen im Gefängnis sitzen. Nicht viel besser ist die Situation der Assyrer-Aramäer. Zuletzt stürmten Sicherheitskräfte am 20. Mai 2011 nach einer friedlichen Demonstration in der überwiegend von Kurden bewohnten Stadt Qamishli eine Wohnung, die als Büro der Assyrischen Demokratischen Organisation (ADO) benutzt wird, und nahmen 13 führende ADO-Mitglieder fest.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 24. Mai 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2011