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MELDUNG/081: Krim - 70. Jahrestag der Deportation der Krimtataren


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 16. Mai 2014

70. Jahrestag der Deportation der Krimtataren
(18.5.: EU und OSZE sollen zweite Verbannung von Mustafa Dschemilew verhindern!

Einreiseverbot für Führer der Krimtataren aufheben!



Anlässlich des 70. Jahrestages der kollektiven Deportation der Krimtataren unter Josef Stalin am 18. Mai 1944 hat die Gesellschaft für bedrohte Völker die EU-Botschaften und die OSZE-Mission in der Ukraine dazu aufgefordert, bei den russischen Behörden durchzusetzen, dass Mustafa Dschemilew - die führende Persönlichkeit dieser Minderheit - auf die Krim reisen darf. Dschemilew, dessen jahrzehntelanger friedlicher Widerstand in der Sowjetunion den Weg für die Rückkehr der Krimtataren ebnete, wurde vor wenigen Wochen von den russisch dominierten Behörden der Krim die Einreise verboten, nachdem er öffentlich vor zunehmender Diskriminierung der Krimtataren unter russischer Herrschaft gewarnt hatte. "Dieses Verbot kommt einer zweiten Verbannung gleich. Das darf die internationale Gemeinschaft nicht einfach hinnehmen", schrieb die GfbV.

Für die Krimtataren, die seit der Unabhängigkeit der Ukraine regelmäßig gegenüber europäischen Regierungen und EU-Institutionen auf ihre schwierige Situation auf der Halbinsel aufmerksam gemacht haben, sei es besonders bitter, dass die EU die Krim offenbar schon abgeschrieben habe, kritisierte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke in Berlin. "Die Krim ist kein russisches Territorium. Russlands Annexion der Halbinsel ist und bleibt völkerrechtswidrig und hat gerade für die Krimtataren als Opfer der Deportation und massiven Diskriminierung in der Sowjetunion katastrophale Auswirkungen."

Präsident Wladimir Putin habe die Krimtataren erst kürzlich 'rehabilitiert' und das ihnen zugefügte Unrecht anerkannt, sagte Reinke. Nun müsse er zu seinem Wort stehen und gemeinsam mit den Behörden vor Ort die Einreise Dschemilews, der Abgeordneter im ukrainischen Parlament ist, durchsetzen. Die Androhungen und Anfeindungen gegen Angehörige der krimtatarischen Gemeinde müssten ebenfalls ein Ende haben. "Die Lehre aus den entsetzlichen Verbrechen des Stalinismus muss sein, dass Minderheiten- und Menschenrechte ohne Einschränkung gewahrt werden."

Die Gemeinschaft der Krimtataren auf der Halbinsel, die mit einem großen internationalen Kongress an ihre Deportation durch die Rote Armee und deren Folgen erinnern wollten, haben ihre Pläne angesichts der Abspaltung der Krim von der Ukraine ändern müssen. Nun soll es am Vorabend des Jahrestages (17.5.) eine Lichterkette in Simferopol geben.

Am 18. Mai 1944 hatte Stalin alle Krimtataren auf Viehwaggons verladen und nach Zentralasien deportieren lassen. Bis zu 44 Prozent der Deportierten starben. Dieser Völkermord gehört mit weiteren Deportationen von damals in der Sowjetunion ansässigen Völkern zu den schlimmsten Verbrechen der jüngeren europäischen Geschichte. So wurde alles getan, um jegliche Spuren der Krimtataren zu verwischen. Ihre Häuser wurden niedergerissen, ihre Gärten ließ man verwildern, ihre Friedhöfe wurden umgepflügt und die sterblichen Überreste ihrer Vorfahren entfernt. Erst in den späten 1980er Jahren konnte die Rückkehr der Krimtataren in ihre historische Heimat beginnen.

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Quelle:
Presseerklärung Berlin/Göttingen, den 16. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2014