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NAHOST/074: Islamistische Terroristen ermorden 24 Yeziden


Presseerklärung vom 23. April 2007

Islamistische Terroristen ermorden 24 Yeziden

Irakische Führung muss yezidische Gemeinschaft besser schützen


Nach einem furchtbaren Massaker an 24 Yeziden in Mosul hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag mit dringenden Schreiben an die irakische Führung in Bagdad und die Regierung im irakischen Bundesland Kurdistan appelliert, die Yeziden in der Stadt Mosul und in der gleichnamigen Provinz im Gebiet Sinjar an der syrischen Grenze besser zu schützen.

In Sinjar könne die Sicherheitslage schnell entscheidend verbessert werden, wenn das Gebiet an das irakische Bundesland Kurdistan angeschlossen würde. Darüber müsse es schnellstens einen Volksentscheid geben. Im Bergland Sinjar lebt die weltweit größte yezidisch-kurdische Gemeinschaft mit bis zu 400.000 Angehörigen. Das Gebiet ist nur noch über eine einzige und schon sehr unsichere Straße zu erreichen.

Islamistische Terroristen hatten am Sonntag in der Stadt Mosul einen Bus zum Anhalten gezwungen, mit dem yezidische Angestellte einer Textilfabrik nach Hause fuhren, berichteten Mitarbeiter der GfbV-Sektion Kurdistan-Irak am Dienstag am Telefon. Die Yeziden seien von den Angreifern aus dem Bus geholt und getötet worden. Am gleichen Tag wurden sechs Lastwagen mit Lebensmitteln aus Kurdistan für Sinjar angegriffen. Ein Fahrer wurde schwer verwundet, die Lebensmittel wurden geraubt, berichteten GfbV-Mitarbeiter aus Kurdistan. Der Überfall ereignete sich bei der kleinen Stadt Al-Rabia auf der zurzeit einzigen Straße, die Kurdistan mit Sinjar verbindet. Auf dieser Strecke werden Transporte mit Lebensmitteln und Medikamenten immer wieder angegriffen.

"Aus der Stadt Mosul flüchten immer mehr Yeziden, weil sie dort verfolgt und von islamistischen Fundamentalisten mit dem Tod bedroht werden", berichtete der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. Nach GfbV-Informationen sind seit 2003 mindesten 20.000 kurdische Familien (Yeziden und Muslime) aus Mosul geflogen.


Hintergrundinformationen:

Unter den mehrheitlich muslimischen Kurden sind die Yeziden eine religiöse Minderheit. Sie bilden eine Jahrtausende alte nahöstliche nichtchristliche und nichtislamische Glaubensgemeinschaft. Sie sprechen die Kurmanci-Variante des Kurdischen und leben im Irak, Syrien, in der Türkei, Armenien und Georgien sowie in der europäischen Diaspora. Ihre Gesamtzahl wird auf rund 800.000 geschätzt. Ihr Hauptsiedlungsgebiet liegt im Nordirak. Hier leben ca. 550.000 Yeziden. In Deutschland gibt es ca. 45.000 Yeziden, meist Religionsflüchtlinge aus der Türkei.

In Sinjar stehen Yeziden mit etwa 400.000 Angehörigen rund 80 % der Bevölkerung. Die Straßen, die aus der Provinz Mosul nach Sinjar führen, sind meist blockiert oder nur unter Lebensgefahr passierbar. Die einzige, bisher einigermaßen sichere Verbindungslinie verläuft über Dohuk und Al-Rabia, doch auch hier drohen islamistische Terroristen immer häufiger mit Angriffen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 23. April 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2007