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NAHOST/081: Irak - Weihnachtsgottesdienst in Basra abgesagt


Presseerklärung vom 21. Dezember 2007

Irak: Weihnachtsgottesdienst in Basra abgesagt

Christen fürchten Angriffe radikaler Islamisten


Der Weihnachtsgottesdienst in der wichtigsten christlichen Kirche der südirakischen Stadt Basra kann in diesem Jahr nicht stattfinden. Aus Angst, die Gläubigen könnten auf ihrem Weg in die Kirche Mari Afram von radikalen Islamisten angegriffen werden, hat die Gemeinde die Feier abgesagt, teilte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag mit. Drei Viertel der 2003 noch rund 5000 aramäisch-sprachigen Christen seien bereits aus Basra geflohen, weil das Leben für sie dort unerträglich geworden ist. Heute gäbe es höchstens dort noch 500 Christen in der südirakischen Stadt. Sie werden bedroht und angegriffen, wenn sie sich nicht an islamische Sitten halten.

Gerade in Basra werden die islamischen Regeln und Gesetze offenbar immer strenger ausgelegt, berichtete die GfbV. So seien dort Presseberichten zufolge in den vergangenen Monaten mindestens 40 Frauen auf offener Straße getötet worden, weil sie gegen islamische Sitten verstoßen haben, unter ihnen auch viele muslimische Frauen. Auf der Straße und in öffentlichen Räumen wie in der Universität könnten sich Frauen nicht mehr unverschleiert zeigen, berichtete eine Studentin der GfbV am Telefon. Die Hochschule sei völlig unter der Kontrolle muslimischer Studenten, die sich schwarz kleideten, so wie es schiitische Milizen in der Regel tun. Alle, die sich nicht an ihre Regeln hielten, würden von muslimischen Studentinnen und Studenten mit Gewalt bedroht.

Auch die Morde an den beiden Christen Usama und Maisun Farid, deren Leichen am 12. Dezember auf der Hauptstraße zwischen al-Fao und Abi al-Khasib südöstlich von Basra von der Polizei gefunden wurden, tragen zur Verunsicherung der letzten Christen in Basra bei. Die beiden ermordeten Brüder waren einige Tage zuvor von Unbekannten verschleppt worden. "Beteuerungen der Provinzregierung, die Sicherheit aller Bürger zu gewährleisten, können die Bedrohlichkeit der Situation für viele christliche Familien nicht entschärfen", erklärte der GfbV-Mitarbeiter Aziz Hassan Aziz, Mitarbeiter im Büro der GfbV-Sektion Irakisch-Kurdistan in Arbil. Das britische Militär hat die Kontrolle über die südirakische Provinz erst am vergangenen Sonntag an Bagdad übergeben. Basra ist die wichtigste Hafenstadt des Irak am Persischen Golf.

2003 lebten insgesamt rund 650.000 Christen im Irak. Aus dem arabisch dominierten Zentrum und Süden des Landes wurden durch Attentate und bestialische Morde, Verschleppungen, Vergewaltigungen, Bombenanschläge und Morddrohungen bereits drei Viertel von ihnen aus dem Land getrieben. Hunderttausende christliche Flüchtlinge drängen sich unter elenden Umständen in den Nachbarländern Jordanien und Syrien. Im Irak ist das autonome Bundesland Irakisch-Kurdistan ihre einzige Zufluchtsstätte. Durch Attentate und bestialische Morde, Verschleppungen, Vergewaltigungen, Bombenanschläge und Morddrohungen wurden bereits drei Viertel der bei Kriegsbeginn 2003 noch etwa 650.000 Assyrer-Chaldäer-Aramäer aus dem Land getrieben.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 21. Dezember 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2007