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NAHOST/181: Stationierung von Patriot-Raketen an türkisch-syrischer Grenze nicht unterstützen


Presseerklärung vom 20. November 2012

Gesellschaft für bedrohte Völker warnt:
Die Türkei setzt nicht auf Deeskalation!
Stationierung von Patriot-Raketen an türkisch-syrischer Grenze nicht unterstützen!



Die geplante Stationierung von Patriot-Raketen an der türkisch-syrischen Grenze stößt bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf scharfe Kritik. "Die Türkei zu unterstützen, hieße einem Staat zu helfen, der nicht auf Deeskalation und Vermittlung setzt, sondern den Krieg am Leben erhält", warnte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch am Dienstag in Göttingen und forderte, Deutschland dürfe nur mit friedlichen Mitteln zu Beilegung des Konflikts beitragen. "Die türkische Regierung finanziert islamistische Kämpfer in Syrien, versorgt sie mit Lebensmitteln und Waffen. Die Islamisten wiederum nutzen türkisches Territorium als Rückzugsraum und wenn sie in syrische Städte einsickern, provozieren sie verheerende Angriffe der Assad-Truppen."

Erst kürzlich hat der türkische Verteidigungsminister Ismet Yilmaz bekannt gegeben, die lokalen Kommandanten dürften nun auch ohne Zustimmung der Regierung in Ankara militärisch auf Grenzverletzungen reagieren. So hat die türkische Artillerie die überwiegend von Kurden bewohnte, kleine Stadt Ras al Ain am Montag unter schweren Beschuss genommen, berichteten Augenzeugen der GfbV am Telefon. Zuvor waren bereits am 8. November einige hundert djihadistische Rebellen von der Türkei aus in die Stadt eingedrungen. Schon damals hatte die syrische Luftwaffe darauf mit der willkürlichen Bombardierung der Stadt geantwortet. Inzwischen haben tausende Menschen vor den Angriffen der Armee und vor dem Terror der Islamisten die Flucht ergriffen.

Bereits im September 2011 hatte die GfbV besonders mit Blick auf die Lage der Minderheiten in Syrien davor gewarnt, die "syrische Angelegenheit" der Türkei zu überlassen. "Die Türkei wird in der Region nur noch als eine "sunnitische Schutzmacht" verstanden. Daher kann sie nicht als Vermittler auftreten. Die deutsche Bundesregierung, die EU-Regierungen und die USA dürfen keine Deals mit der Türkei und der syrisch arabischen Opposition eingehen, die die demokratischen Rechte aller Syrer insbesondere der Kurden gefährden könnten", heißt es in der damaligen GfbV-Resolution.

Mit jedem Tag leidet die Zivilbevölkerung in Syrien mehr. Besonders Kurden und Christen und andere Minderheiten sehen keine Zukunft in dem zerstörten Land. Mehr als 400 000 Syrer sind vor der eskalierenden Gewalt bereits geflohen. Jede Ortschaft, in die die "Freie Syrische Armee" der Opposition einmarschiert, wird von Truppen des Regimes bombardiert. Beiden Seiten werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Die bewaffnete Opposition ist von islamistischen Kämpfern aus dem Ausland unterwandert. Nach Auffassung der GfbV kann nur die Schaffung eines föderalen Systems sowie kultureller und religiöser Autonomien sicherstellen, dass die islamistische Opposition die Minderheiten nach einem Sturz von Diktator Assad nicht für "vogelfrei" erklärt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 20. November 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2012