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NAHOST/186: 25. Jahrestag der Giftgasangriffe auf Halabja


Presseerklärung vom 13. März 2013

25. Jahrestag der Giftgasangriffe auf Halabja

"Ohne deutsche Mithilfe hätte es Halabja kaum gegeben!"
Deutschland ist jetzt den verfolgten Kurden im Nahen Osten verpflichtet



Anlässlich des 25. Jahrestags der Giftgasangriffe der irakischen Luftwaffe auf die kurdische Stadt Halabja am 16.-18. März 1988 fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker(GfbV) von der deutschen Bundesregierung besondere Aufmerksamkeit und Engagement für die diskriminierte kurdische Bevölkerung in den Ländern des Nahen Ostens. "Die deutsche Beteiligung am Aufbau des Chemiewaffenprogramms im Irak war damals ausschlaggebend. Jetzt gibt es durch Untersuchungen einer Kommission der Vereinten Nationen konkrete Nachweise, welche Länder oder Firmen Chemikalien für den Giftcocktail lieferten, und daraus ergibt sich: Ohne deutsche Beteiligung wären die Angriffe auf Halabja wohl kaum möglich gewesen", begründet Tilman Zülch, Generalsekretär der GfbV, die Forderung der Menschenrechtsorganisation. Auch die damalige UdSSR sowie andere europäische Länder trugen zum Chemiewaffenarsenal der Armee von Diktator Saddam Hussein bei.

5.000 der rund 80.000 Einwohner von Halabja starben vor 25 Jahren innerhalb weniger Stunden, als die Stadt und alle Zufahrtsstraßen mit Giftgas bombardiert wurden. Mindestens 7.000 Menschen erlagen später den Folgen des Chemiewaffeneinsatzes. Die Überlebenden von Halabja leiden bis heute unter den Folgen des Bombardements mit Senfgas, Nervengas, Sarin, Tabun und sehr wahrscheinlich Cyanid. In Halabja finden sich bis heute gefährlich hohe Konzentrationen von Giftstoffen in der Umwelt, die zu dauerhaften Gesundheitsschäden führen wie Nervenlähmungen, Hautkrankheiten, Tumorbildungen, Fehlgeburten und Lungenschäden.

Der Angriff auf Halabja gilt als das größte Giftgasmassaker an Zivilisten seit dem Zweiten Weltkrieg und war Teil des 1987 begonnenen Vernichtungsfeldzuges des Baath-Regimes gegen die Kurden des Nordirak und die mit ihnen lebenden Volksgruppen der assyro-chaldäischen Christen, Turkmenen und Yeziden. Die GfbV beschuldigte schon damals die hessischen Firmen Karl Kolb und Pilot Plant, beim Aufbau der irakischen Giftgasindustrie eine führende Rolle gespielt zu haben, und warf ihnen Mitverantwortung für die Verbrechen vor. Vom Bonner Landgericht wurde der Menschenrechtsorganisation noch 1987 bei Androhung von zwei Mal 500.000 DM Bußgeld untersagt, diese Beschuldigungen zu wiederholen.

Unter Berufung auf einen Bericht in der "Jerusalem Post" bekräftigte die GfbV 1988 jedoch ihre Vorwürfe gegen Kolb und Pilot Plant und das Oberlandesgericht in Köln hob die Verfügung gegen die GfbV auf. Sechs Tage nach einer Demonstration der Menschenrechtsorganisation vor den Firmen im hessischen Dreieich wurden die Geschäftsführer der Unternehmen festgenommen und vorübergehend inhaftiert. Ihnen wurde eine Beteiligung am Aufbau der Anlagen nachgewiesen. Vor Gericht wurden sie zwar für schuldig befunden, wegen Verjährung ihrer Delikte jedoch freigelassen.

Mehr als 40 andere deutsche und europäische Firmen hatten nach Recherchen der GfbV ebenfalls ihren Anteil an den Vernichtungen. Unter ihnen war die Rüstungsfirma MBB Messerschmidt Bölkow-Blohm, mit deren Kampfhubschraubern 1987/88 die Giftgasangriffe gegen kurdische und christliche Dörfer geflogen worden waren.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. März 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2013