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NAHOST/333: Irak - Verdrängung der Christen durch Wiederaufbauhilfe verhindern


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 20. Dezember 2018

Christen im Irak brauchen mehr Wiederaufbau-Hilfe: Verdrängung der Assyrer/Chaldäer/Aramäer aus der Ninive-Ebene verhindern!


Göttingen, den 20. Dezember 2018 - Wenige Tage vor Weihnachten hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mehr Hilfe für christliche Assyrer/Chaldäer/Aramäer und andere Minderheiten im Nordirak gefordert. "Seit mehr als einem Jahr ist der "Islamische Staat" (IS) aus der nordirakischen Metropole Mossul und der benachbarten Ninive-Ebene vertrieben worden. Dennoch können die meisten Christen nicht zurückkehren, weil Ihnen die Mittel für den Wiederaufbau ihrer zerstörten Häuser fehlen", berichtete der GfbV-Irakexperte Kamal Sido am Donnerstag in Göttingen. "Trotz vieler Versprechungen der Behörden im Irak, kommt der Wiederaufbau bei den Christen zu langsam voran. Doch ihre Rückkehr ist dringend geboten, denn es besteht die Gefahr, dass Angehörige anderer Volksgruppen leerstehende Gebäude und Grundstücke in Besitz nehmen und die christlichen ehemaligen Besitzer so für immer aus der Region verdrängen."

Nach Angaben irakischer Christen müssen in der Ninive-Ebene insgesamt 13.904 Häuser wiederaufgebaut oder neu errichtet werden. Bisher soll erst die Hälfte dieser Häuser fertiggestellt worden sein. Erst 9.060 christliche Familien sollen bis November 2018 aus Irakisch-Kurdistan in die Niniveebene zurückgekehrt sein. Dies entspricht etwas mehr als 45 Prozent aller Christen, die im Sommer 2014 vor dem IS aus der Region fliehen mussten. Vertreter der christlichen Kirchen vor Ort berichten, dass weitere 2.000 Familien gern in die Ninive-Ebene zurückkehren würden, aber dringend mehr Hilfsmaßnahmen und Sicherheitsgarantien benötigen.

"Wenn den christlichen Assyrern/Chaldäern/Aramäern, aber auch anderen Minderheitenangehörigen keine Perspektive in ihrem Land geboten wird, werden sie sich auf den Weg nach Europa machen", warnte Sido. Dringend müssten sie an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen für die Zukunft des Irak beteiligt werden. Auch mehr finanzielle Unterstützung zur Förderung von Sprache, Kultur und Traditionen der Christen im gesamten Land sei notwendig. Eine Art politischer Selbstverwaltung für Christen und andere Minderheiten in der Ninive-Ebene könnte ein wichtiges Zeichen sein, dass die Assyrer/Chaldäer/Aramäer in ihrer Herkunftsregion willkommen seien und sich nicht wie Menschen zweiter Klasse behandelt fühlten.

Im Irak ist die Zahl der Christen nach Einschätzung lokaler Beobachter seit dem Jahr 2015 von 275.000 auf 150.000 Gläubige zurückgegangen. Die meisten dieser Christen leben heute in Irakisch-Kurdistan im Norden des Landes. Wie in vielen Staaten des Nahen Ostens leiden Christen auch im Irak unter dem weltweiten Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Die Christen im Irak wie auch im benachbarten Syrien befürchten vor allem Übergriffe radikaler Islamisten.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. Dezember 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2018

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