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RUSSLAND/088: Ramsan Kadyrow ist "eiskalte Marionette" Putins


Presseerklärung vom 4. April 2007

Tschetschenien: Neuer Präsident tritt Amt an (05. April)

Ramsan Kadyrow ist "eiskalte Marionette" Putins


Der von Wladimir Putin zum neuen Präsidenten Tschetscheniens ernannte mutmaßliche Kriegsverbrecher Ramsan Kadyrow wird nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die tschetschenische Zivilbevölkerung weiterhin diktatorisch regieren. "Als eiskalte Marionette Putins wird Kadyrow eine gerechte politische Lösung des Tschetschenienkonfliktes mit Morden, Folter, Verschleppungen und anderen Willkürakten seiner Truppen verhindern", kritisierte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke, am Mittwoch zur bevorstehenden Amtseinsetzung von Kadyrow. Sie warnte vor der Unberechenbarkeit des neuen Gewaltherrschers, dem alle Mittel recht seien, um seine Machtposition zu halten.

Die als "Kadyrowtsy" bezeichneten Milizen des neuen tschetschenischen Präsidenten seien gefürchtet, denn sie seien für zahllose Gräueltaten unter der Zivilbevölkerung verantwortlich, erinnerte Reinke. "Die öffentliche Rüge, die Russland von der Europarats-Kommission zur Verhütung von Folter zum dritten Mal im März 2007 erteilt wurde, zeigt nur die Spitze des Eisberges in Tschetschenien." Dort werde systematisch in der Untersuchungshaftanstalt ORB-2 in Grosny gefoltert, aber auch in den Zellen, die von den Kadyrowtsy in Ramsan Kadyrows Heimatdorf Tsenteroi bzw. im Dorf Dschalka unterhalten werden. Opfer seien oft mutmaßliche Kämpfer bzw. deren Angehörige. Diese hätten Angst davor, Verschleppungen oder Folterungen anzuzeigen, weil sie damit sowohl ihre verschleppten Verwandten als auch sich selbst gefährdeten.

Große Fortschritte beim Wiederaufbau dürften nicht über die erschreckende Menschenrechtssituation in Tschetschenien hinwegtäuschen. Nach UN-Angaben leben über 80 % der Tschetschenen unter dem Existenzminimum. Noch immer gäbe es bis zu 200.000 Binnenflüchtlinge, sie stellten 20 %, der Gesamtbevölkerung. 150.000 Tschetschenen lebten in Notunterkünften. Die Mütter- und Kindersterblichkeit sei bis zu viermal so hoch wie im russischen Durchschnitt. 40 % der Neugeborenen kämen schon krank auf die Welt. Durch den Krieg seien mindestens 26.000 Kinder zu Waisen geworden. 86 % der Bevölkerung litten unter psychischen Problemen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 4. April 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2007