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BERICHT/1046: Nach dem Tod der Ältesten ist indigenes Amazonasvolk nur noch zu fünft (Survival)


"Survival International" - Deutsche Sektion - 19. Oktober 2009

Nach dem Tod der Ältesten ist indigenes Amazonasvolk nur noch zu fünft

"Die letzte Etappe eines Genozids"


Das indigene Volk der Akuntsu im brasilianischen Amazonas hat sein ältestes Mitglied Ururú verloren, die die Gruppe mit nur fünf Überlebenden zurücklässt.

Ururu war nicht nur das älteste Mitglied der Akuntsu, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil der eng verbundenen, kleinen Gruppe. Altair Algayer, Sprecher von FUNAI (Abteilung der brasilianischen Regierung für indigene Angelegenheiten), die das Land der indigenen Akuntsu beschützt, sagte: "Sie war eine starke Kämpfernatur und wehrte sich bis zum letzten Augenblick." Des Weiteren ist Konibú, Ururús Bruder und der älteste überlebende Akuntsu, schwer krank.

Ururú erlebte den Genozid ihres Volkes und die Zerstörung ihrer Heimat dem Regenwald, als Viehzüchter mit ihren bewaffneten Kämpfern in das indigene Land im Staate Rondônia eindrangen. Rondônia war von der Regierung in den 60er und 70er Jahren für Siedlungsprojekte und den berüchtigten BR 364 Highway freigegeben worden.

Mit Ururú stirbt ein großer Teil der historischen Erinnerung dieser Leute. Während wir vielleicht nie das volle Ausmaß des Grauens, das die Akuntsu im vergangenen halben Jahrhundert erlitten haben, kennen werden, sagen die heutigen Überlebenden, dass ihre Familien getötet wurden, als Viehzüchter ihre Häuser niederwalzten und das Feuer auf sie eröffneten. Die beiden überlebenden Männer, Konibú und Pupak, haben noch Narben von Patronenkugeln, die bei ihrer Flucht auf sie abgefeuert wurden.

FUNAI hat die Reste der Häuser gefunden, die von den Viehzüchtern zerstört wurden, als sie für neue Viehweiden Schneisen in den Regenwald schlugen. Die Viehzüchter versuchten die Beweise für ihre Verbrechen zu verstecken, aber es wurden hölzerne Stangen, Pfeile, Äxte und zerbrochene Töpfe gefunden. Als die Akuntsu 1995 durch FUNAI kontaktiert wurden, zählen sie noch sieben Mitglieder. Die Jüngste, Konibus Tochter, starb im Januar 2000, als ein Baum auf ihr Haus stürzte.

Heute leben sie in einem von der Regierung anerkannten Gebiet, das von FUNAI vor der Invasion durch benachbarte Viehzüchter beschützt wird.

Der Direktor von Survival, Stephen Corry, sagte heute: "Ururús Tod ist die letzte Etappe eines Genozids im 21. Jahrhundert. Im Gegensatz zu den Massenmorden der Nazis oder in Ruanda, finden Genozids an indigenen Völkern in entlegenen Orten der Welt statt und entkommen so der öffentlichen Untersuchung und Verurteilung. Obwohl ihre Zahlen klein sind, ist das Ergebnis ebenso vernichtend. Erst wenn ihre Verfolgung als vergleichbar mit Sklaverei und Apartheid angesehen wird, werden indigene Völker in Sicherheit leben."

Die Geschichte der Akuntsu, ihrer Nachbarn den Kanoê und den sehr zurückgezogenen "Männern vom Loch" wird graphisch in dem neuen Film Corumbiara [1] erzählt. Die Akuntsu sind außerdem Teil des Survival Kurzfilms, Uncontacted Tribes [2].

[1] http://www.videonasaldeias.org.br/2009/noticias.php?dest=corumbiara&c=20
[2] http://www.survivalinternational.org/uncontactedtribes


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Quelle:
Pressemitteilung vom 19. Oktober 2009
Survival Deutschland
Haus der Demokratie und Menschenrechte
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2009