Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FAKTEN

BERICHT/1164: Belagerung von Indigenen-Gemeinschaft in Brasilien dauert an (Survival)


"Survival International" - Deutsche Sektion - 2. Dezember 2010

Belagerung von Indigenen-Gemeinschaft in Brasilien dauert an

Farmer widersetzt sich gerichtlicher Anordnung


Eine belagerte Gemeinschaft brasilianischer Indigener bleibt trotz Sieg vor Gericht weiterhin durch einen Farmer von der Außenwelt abgeschnitten.

Die Guarani Gemeinschaft [1] von Ypo'i kehrte 2009 auf ihr angestammtes Land zurück, das von Farmer Firmino Escobar eingenommen worden war. Herr Escobar blockierte daraufhin die Zugangsstraße zu der Guarani Gemeinde. Bewaffnete Männer umstellten die Häuser der Guarani und schnitten ihnen den Zugang zu Wasser, Nahrung und Gesundheitsversorgung ab [2].

Im November urteilte ein Gericht, dass die Guarani auf einem kleinen Teil ihres Landes bleiben dürfen, während die Behörden ihr Gebiet kartographisch erfassen. Firmino Escobar blockiert jedoch weiterhin den Zugang zu der Gemeinschaft.

Escobar wurde bereits von einem Staatsanwalt aufgefordert, die Straße zu der Gemeinschaft wieder frei zu geben. Sollte dies nicht geschehen, müsse der Farmer mit einer Strafe von 100.000 Reais (ca. 45.000 Euro) rechnen.

Mit den Worten "Dies ist mein Land - es gibt hier keine Indianer" und "Sie können nicht rein kommen. Ich lasse Sie nicht hier rein" wurde ein Survival Aktivist abgewiesen, als er bei Escobars Farm verdeckt um Zugang zu den Guarani bat.

Anastácio Peralta, ein Sprecher der Guarani, sagte über das Gerichtsurteil: "Diese Entscheidung ist eine große spirituelle Entlastung für die Guarani. Dennoch ist es erst der erste Schritt; es stehen noch viele Kämpfe an."

"Auf der einen Seite sind wir froh, dass wir auf unserem Land bleiben können. Auf der anderen Seite sind wir traurig und besorgt, weil wir nicht genug Essen haben und es keine Gesundheitsversorgung gibt. Ich spüre Schmerz in meinem Herzen," sagte ein Guarani aus Ypo'i.

Die Gerichtsentscheidung folgte Interventionen durch die Basilianische Behörde für Indigene Angelegenheiten [3], Survival International, der brasilianischen Organisation CIMI [4] und anderen Gruppen welche die verzweifelte Lage der Guarani [5] an die Öffentlichkeit brachten.

Bei einem vorherigen Versuch der Guarani ihr Land wieder zu besetzen, verschwanden zwei Guarani Männer aus Ypo'i. Es wird vermutet, dass sie ermordet wurden. Der Leichnam eines Mannes [6] wurde später mit Kennzeichen starker Verletzungen in einem Fluss in der Gegend entdeckt.

Nachdem 2007 mit der Regierung die Erfassung ihres Landes vereinbart wurde kam es zu starken Verzögerungen [7], weswegen die Guarani von Ypo'i sich zu den Wiederbesetzungen entschieden.

Guarani Sprecher Anastácio Peralta bereist momentan Europa um auf die kritische Situation der Guarani und ihrer Landrechte aufmerksam zu machen. Er wird auch Deutschland und die Schweiz [8] besuchen.

Stephen Corry, Direktor von Survival, sagte heute: "Die Entscheidung des Gerichts, den Guarani das Leben auf einem Stück ihres Waldes zu erlauben, ist ohne Zweifel ein Schritt in die richtige Richtung für die Guarani von Ypo'i. Damit die Indianer nicht nochmals solche Gewalt oder Bedrohung erfahren, müssen dem Urteil die schnelle Anerkennung und der zügige Schutz allen Guarani-Landes folgen."

Zu Beginn des Jahres hatte Survival einen Bericht an die Vereinten Nationen [9] übermittelt, in dem die Gewalt, Unterernährung und die Selbstmorde angesichts des Landverlustes dokumentiert sind.


(*) Hören Sie eine Audioaufnahme des Farmers (auf Portugiesisch, Protokoll unten zu lesen).
Link:
http://assets.survivalinternational.org/documents/512/Fazendeiro_Ypo-i_sr_Firmino.wav

Protokoll der Audioaufnahme:

Deutsche Übersetzung:
Farmer: Nein, nein, nein nein. Es ist nicht möglich [für Sie einzutreten um die Indianer zu sehen]
Survival Aktivist: Aber Sie sagen dass Ihnen dieses Land gehört, also können Sie es mir erlauben ...
Farmer: Ich werde es nicht erlauben
Survival: Aber warum nicht?
Farmer: Ich möchte es nicht!

Original auf Portugiesisch:
Farmer: Não, não, não, não. Não é possível, não é possivel (você entrar na mata ver os índios)
Survival Aktivist: mas o Sr diz que você é dono da terra, entã o pode autorizar...
Farmer: Não vou autorizar
Survival Aktivist: mas por que?
Farmer: porque eu não quero!


Survival International ist eine weltweit aktive Nicht-Regierungsorganisation, die sich für die Rechte von indigenen Völkern einsetzt.

[1] http://www.survivalinternational.de/indigene/guarani
[2] http://www.survivalinternational.de/nachrichten/6476
[3] http://www.survivalinternational.de/about/funai
[4] http://www.cimi.org.br
[5] http://www.survivalinternational.de/indigene/guarani/despair#main
[6] http://www.survivalinternational.de/news/5268
[7] http://www.survivalinternational.de/indigene/guarani/fightingback#main
[8] http://www.facebook.com/survivalde#%21/event.php?eid=164576913580540&index=1
[9] http://www.survivalinternational.de/nachrichten/5775


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 2. Dezember 2010
Survival Deutschland
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalderstr. 4, 10405 Berlin
Telefon: 49 (0)30 72 29 31 08, Fax: 49 (0)30 72 29 73 22
E-Mail: info@survival-international.de
Internet: www.survival-international.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2010