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MELDUNG/024: Rolf Gössner - Zensus 2011 ist mißbrauchsanfällig (Die Linke in Bremen)


Fraktion DIE LINKE. in der Bremischen Bürgerschaft - 21.07.10

Rolf Gössner:

"Zensus 2011 ist missbrauchsanfällig und verstößt gegen
Informationelle Selbstbestimmung"


Für "gerechtfertigt und unterstützenswert" hält Rolf Gössner, parteiloser Innendeputierter der LINKEN in der Bremischen Bürgerschaft, die Verfassungsbeschwerde gegen die Volkszählung 2011 ("Zensus"). Der geplante Zensus 2011 sei missbrauchsanfällig und verstoße zumindest in Teilen gegen das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung.

Bürgerrechtler vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) haben die Verfassungsbeschwerde Ende letzter Woche mit Unterstützung von über 13.000 Menschen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Sie richtet sich gegen die geplante Erfassung und Zusammenführung von persönlichen Daten der gesamten Bevölkerung. Der Zensus 2011 geht auf eine EU-Vorgabe zurück, reicht aber noch weiter als diese. So sollen hierzulande auch diskriminierungsträchtige Personendaten über Religionszugehörigkeit und Migrationshintergrund erhoben werden.

Anders als bei früheren Volkszählungen werden mit dem registergestützten Zensus zunächst personenbezogene Informationen aus zahlreichen Quellen zusammengeführt - allerdings ohne Einwilligung der Betroffenen, wie Gössner kritisiert. Die Daten werden etwa bei Meldebehörden, Liegenschaftskatastern, den Agenturen für Arbeit sowie aus 'allgemein zugänglichen Quellen' abgefragt. Darüber hinaus wird ein erheblicher Teil der Bevölkerung verpflichtet, Fragen aus dem persönlichen Lebensbereich zu beantworten - in Bremen sollen bis zu 60.000 Menschen betroffen sein, deren Auskunftsbereitschaft auch mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden kann. Für die Haushaltsstichproben werden in Bremen etwa 400 Erhebungsbeauftragte benötigt, die zu diesem ,Ehrenamt' auch verpflichtet werden können. Allein an Vorbereitungskosten werden für Bremen etwa 1 Mio. Euro veranschlagt, wobei die Gesamtkosten noch nicht absehbar sind. Über 700 Mio. wird der Zensus bundesweit kosten.

Rolf Gössner hält den Zensus 2011 und das zugrunde liegende Gesetz zumindest in Teilen für verfassungswidrig: "Mit den zweckentfremdeten Informationen aus diversen staatlichen Datenbanken, angereichert mit sensiblen Daten einer Zwangsbefragung, entstehen hoch problematische Personenprofile. Die Daten werden zusammengeführt, zentral gespeichert und können über eine eindeutige Ordnungsnummer verknüpft bzw. zugeordnet werden - obwohl das Bundesverfassungsgericht eine solche Identifikationskennziffer bereits im Volkszählungsurteil von 1983 untersagt hatte. So entsteht eine riesige, schwer kontrollierbare Datensammlung mit erheblichem Missbrauchspotential und eingeschränkter Datensicherheit. Meines Erachtens verstößt der Zensus 2011 deshalb in wesentlichen Punkten gegen das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung und damit gegen die Verfassung."


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Quelle:
Pressemitteilung vom 21. Juli 2010
Fraktion DIE LINKE. in der Bremischen Bürgerschaft
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2010