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MELDUNG/045: Deutscher Staatsbürger in Syrien inhaftiert (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 10. September 2010

Deutscher Staatsbürger in Syrien inhaftiert

Menschenrechtsaktivist ohne Kontakt zur Außenwelt


Der deutsche Staatsbürger Ismail Abdi aus Kiel befindet sich seit dem 23. August 2010 in syrischer Haft. Er wurde bei der Ausreise am Flughafen Aleppo festgenommen. Der 50-Jährige hat keinen Kontakt zur Außenwelt.

Abdi lebt seit 13 Jahren mit seiner Ehefrau und vier Kindern in Deutschland und ist seit 2006 deutscher Staatsbürger. Da Syrien niemanden aus seiner Staatsbürgerschaft entlässt, besitzt er weiterhin auch die syrische Staatsangehörigkeit.

Nicht nur Verwandte befürchten, dass Ismail Abdi als Menschenrechtsaktivist in Deutschland ins Visier des syrischen Staates geraten ist. Als Vorsitzender des Komitees zur Verteidigung der demokratischen Freiheiten und der Menschenrechte in Syrien (CDF) hat er sich in den letzten Jahren immer wieder öffentlich geäußert. Da Abdi unter starkem Asthma leidet und die entsprechenden Medikamente nicht bei sich führt, sieht seine Familie zusätzlich zu den Risiken der Incommunicadohaft in einem notorischen Folterstaat auch große gesundheitliche Risiken.

Abdi, ein bereits zu seiner Zeit in Syrien nicht unbekannter Rechtsanwalt, befand sich auf der Rückreise von einem Privatbesuch in Syrien, als er festgenommen wurde.

Nicht nur für bekannte Menschenrechtler besteht ein Risiko, in Syrien menschenrechtswidrig behandelt zu werden, auch in Fällen aus Deutschland abgeschobener Syrer gibt es immer wieder Berichte über Inhaftierungen und Misshandlungen nach der Ankunft. Das Auswärtige Amt hatte mehrere dieser Fälle in einem Bericht Ende Dezember 2009 bestätigt. Einem der so Abgeschobenen wurde in Syrien vorgeworfen, falsche Informationen über den syrischen Staat im Ausland verbreitet zu haben. Die einzig wahren Informationen verbreitet nämlich nach eigener Einschätzung nur das syrische Regime. Der Strafrahmen bei solchen Vorwürfen bewegt sich nach Auskünften des Auswärtigen Amtes "aus der Beobachtung der Menschenrechtslage" bei zwei bis drei Jahren.

PRO ASYL erwartet, dass die Bundesregierung alles unternimmt, um Abdis Schicksal aufzuklären und ihm zur Ausreise zu verhelfen.

Die deutsche Diplomatie vollführt beim Thema der Beziehungen zum syrischen Regime seit Jahren wahre Eiertänze. "Einerseits gibt es relativ realistische Berichte zur Menschenrechtslage, andererseits ein deutsch-syrisches Rückübernahmeabkommen, mit dem syrische Staatsangehörige ihren potentiellen Peinigern frei Haus geliefert werden," so PRO ASYL-Referent Bernd Mesovic.


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 10. September 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2010