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MELDUNG/050: Stuttgart 21 - Polizeigewalt mit System (Rote Hilfe)


Bundesvorstand Rote Hilfe e.V. - Pressemitteilung vom 02.10.2010

Stuttgart 21 - Polizeigewalt mit System


Mehrere hundert zum Teil schwer Verletzte durch Knüppel, Wasserwerfer und Reizgas, viele davon SeniorInnen und Jugendliche, und zahlreiche Festnahmen, das ist die Bilanz der staatlich angeordneten Eskalationsstrategie bei der Demonstration gegen das milliardenschwere Renommierprojekt "Stuttgart 21" vom Donnerstag, den 30.09.2010.

Der Zynismus, mit dem die baden-württembergische Regierung auf die exzessive Polizeigewalt gegen Stuttgart-21-GegnerInnen reagiert, ruft mittlerweile allgemeine Fassungslosigkeit hervor. Ministerpräsident Stefan Mappus offenbart ein vordemokratisches obrigkeitsstaatliches Rechtsverständnis, wenn er verkündet: "Wer sich nicht an die Anweisungen der Polizeibeamten hält, handelt rechtswidrig. Auf solche Situationen mussten die Polizeibeamten reagieren." Und der Pressesprecher der Stuttgarter Polizei erklärte: "Wenn Demonstranten sich nicht einwandfrei verhalten, dann kann die Polizei auch mal hinlangen". Ganz nebenbei machen Mappus und sein Polizeisprecher damit Gehorsam und "einwandfreies Verhalten" zur Vorbedingung für das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Eine von Innenminister Heribert Rech sofort in den Medien lancierte Falschmeldung über angebliche Steinewerfer unter den DemonstrantInnen, durch die der Polizeieinsatz nötig geworden sei, musste sein Ministerium schon am nächsten Tag zurückziehen.

So berechtigt und notwendig die momentanen Proteste gegen die Polizeigewalt in Stuttgart sind - das wirklich Außergewöhnliche am Polizeieinsatz vom vergangenen Donnerstag war, dass seine Opfer auch mit erhöhtem propagandistischen Aufwand nicht pauschal als "Linksextremisten" diffamiert werden konnten. Sie bestanden zum Großteil aus gut bürgerlichen älteren Damen und Herren, Schülerinnen und Schülern aus der so genannten Mitte der Gesellschaft. Für Linke dagegen ist das Vorgehen der Polizei keine Neuigkeit. Die restriktive Auslegung des Versammlungsrechts, die Eskalationsstrategie, die Konfrontation mit einer hochgerüsteten Polizeiarmada, die Diffamierungs- und Desinformationspolitik im Anschluss an die polizeiliche Gewalt - all das ist für Linke nicht nur in Baden-Württemberg Alltag, wenn sie von ihrem Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit Gebrauch machen wollen.

Es steht zu befürchten, dass die Polizei versucht, in Strafverfahren gegen die am 30.09. festgenommenen Stuttgart-21-GegnerInnen eine nachträgliche Legitimation für ihre Prügelorgien zu konstruieren.

Die Rote Hilfe e.V. wird alles in ihrer Macht Stehende dafür tun, dass diese Strategie nicht aufgeht und die Angeklagten finanziell und politisch unterstützen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 02.10.2010
Bundesvorstand Rote Hilfe e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2010