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MELDUNG/087: Eine Stimme der Vernunft (Afsane Bahar)


Eine Stimme der Vernunft

Von Afsane Bahar, 12.3.2011


Die Mitgliederversammlung der deutschen Sektion der IPPNW (1) fand am 12.3.2011 in Frankfurt am Main statt. Trotz der gegenwärtigen, groß angelegten medialen Fehlleitung im Rahmen der neoliberalen Globalisierung in Deutschland stimmte diese Mitgliederversammlung einem Antrag zu, "angesichts der Zuspitzung der bürgerkriegsähnlichen Situation in Libyen" "einen Verzicht auf jegliche bewaffnete Intervention in dieser Region" zu fordern. Sie sprach sich gegen Flugverbotszonen aus, "die nur mit militärischer Gewalt durchzusetzen wären" und forderte "einen sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen nach Nordafrika" (2).

In der Begründung des Antrages hieß es: "Die Durchsetzung eines Flugverbots über Libyen wäre nur mit aktiven kriegerischen Interventionen möglich, die letztendlich auch mit einem Einsatz von Bodentruppen enden können. Das bedeutet: Krieg mit unabsehbaren Folgen. Wir lehnen als ärztliche Friedensorganisation Interventionen dieser Art - in Libyen, in Afghanistan oder anderswo - strikt ab."

Unter Berücksichtigung der geschichtlichen Rolle Europas bei der Entstehung der laufenden Krise in Nordafrika wurden die Forderungen von Menschenrechtsorganisationen unterstützt, "Flüchtlingen aus der Bürgerkriegsregion und gestrandeten afrikanischen" Migrantinnen und Migranten "unverzüglich und ohne Restriktionen Schutz zu gewähren und sie europaweit aufzunehmen".

Der Jugoslawienkrieg, der Türöffner zur weltweiten deutschen Beteiligung an Kriegen, wurde durch die damalige rotgrüne Regierung heuchlerisch als eine humanitäre Notwendigkeit rechtfertigt. Es war ein schmerzhafter Lernprozess erforderlich, um aus den katastrophalen Folgen des Jugoslawienkrieges sowie der nachfolgenden militärischen Interventionen in Afghanistan und Irak zu lernen und die tatsächlichen geostrategischen Interessen bei "humanitären Interventionen" zu begreifen. Es kostete viel Kraft, der Macht der Fehlinformationen in den hiesigen Massenmedien zu trotzen und den Herrschenden nicht erneut auf den Leim zu gehen.

Bertolt Brecht schrieb einst: "Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein." In diesem Sinne ist den Mitgliedern dieser internationalen Ärzteorganisation viel Ausdauer und Weitsicht zu wünschen.


Fußnoten

(1) International Physicians for the Prevention of Nuclear War; Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.
http://www.ippnw.de/
http://ippnw.org/

(2) Für nähere aktuelle Informationen über Libyen siehe den ausführlichen Beitrag von Jürgen Wagner: "Libyen: Intervention im Namen des Volkes?"
http://www.imi-online.de/2002.php?id=2258


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Quelle:
© 2011 Dr. Amir Mortasawi (alias Afsane Bahar)
E-Mail: afsane.bahar@googlemail.com
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2011