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MELDUNG/134: Zweite Roma-Abschiebung aus Hamburg heute früh (Flüchtlingsrat HH)


Flüchtlingsrat Hamburg
Arbeitskreis Roma und Roma-UnterstützerInnen in Hamburg

PRESSEERKLÄRUNG:
Hamburg, den 3.11.2011

Zweite Roma-Abschiebung aus Hamburg heute früh


Heute früh um 7.00 Uhr holten Beamte von Polizei und Ausländerbehörde in Begleitung auch eines Arztes die Familie Memetovic aus ihrem Wohnraum in Hamburg-Großborstel ab, zum Flughafen gebracht und nach Serbien abgeschoben! Es ist die zweite (uns bekannte) Roma-Abschiebung aus Hamburg - nach der des letzte Woche (26.10.) abgeschobenen Ehepaares Sakipovic - und die erste von den 11 Familien, für die wir Petitionen eingereicht hatten.

Die Petition der Familie wurde abgelehnt, obwohl Herr Memetovic schwer krank ist, unter Herzschmerzen und Atemnot leidet und am 30.11. einen Termin im Krankenhaus hat. Die Familie hat zwei Kinder, Stana (16) und Dalibor (7), die beide zur Schule gehen und sich gut integriert haben.

Einigen Hundert Hamburger Roma ist seit Anfang des Jahres die Abschiebung angedroht worden. Ein Jahr lang hatte der AK Roma und UnterstützerInnen (bestehend aus den Roma selbst sowie Flüchtlingsrat, GEW-Bleiberechtsausschuss, kein mensch ist illegal und vielen anderen Menschen) mit Bitten und Beten, Petitionen, Aktionen, Demos und Kundgebungen, Pressekonferenzen, Veröffentlichungen in allen möglichen Medien, mit Gottesdiensten und Unterschriften sammeln, Briefe an den Innensenator und den Ersten Bürgermeister, Gespräche mit dem Innensenator, Besuche in der SPD-Zentrale und der Bürgerschaft usw. versucht, auf die bedrohliche Situation der Roma nach einer Abschiebung hinzuweisen.
Der Hamburger SPD-Senat versteht diese Sprache aber offensichtlich nicht!

Dieser SPD-Senat ist offenbar wild entschlossen, trotz der vielfältigen Proteste dagegen, die Abschiebung der Roma in die Tat umzusetzen. Dabei zählt auch der anstehende Winter nicht (der in den eiskalten nassen und zugigen Hütten der Roma-Lager Serbiens nur schwer zu überstehen ist) und auch nicht die Tatsache, dass Roma-Familien in den Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens Diskriminierung, Ausgrenzung, mangelnde Gesundheitsversorgung und (auch polizeiliche) Gewalt drohen.

Aber nicht einmal zu einem Winter-Abschiebestopp konnte sich dieser Senat durchringen!
Gnadenlos und unmenschlich wird die Familie M. jetzt in den Winter abgeschoben, und so sind schwere gesundheitliche Probleme insbesondere für Herrn Memetovic vorprogrammiert. Die Unterbringung und Versorgung, gerade auch die medizinische Versorgung der Familie, ist in Serbien völlig ungesichert, für alle Familienmitglieder besteht eine erheblich Gefahr, aufgrund der Witterungs- und Lebensbedingungen zu erkranken und dann nicht medizinisch versorgt zu werden. Die Kinder können nicht mehr zur Schule gehen.

Wir, der Flüchtlingsrat Hamburg und der Arbeitskreis Roma und Roma-UnterstützerInnen in Hamburg verurteilen diese Abschiebung auf das schärfste und fordern ein Bleiberecht für die von Abschiebung bedrohten Roma!

Hermann Hardt vom Flüchtlingsrat Hamburg und dem Roma-UnterstützerInnenkreis meint: "Es darf nicht sein, dass Menschen - trotz Krankheit und trotz der bevorstehenden Wintermonate - in elende und für Viele tödliche Lebensverhältnise abgeschoben werden! Es darf nicht sein, dass 66 Jahre nach dem Genozid des deutschen NS-Faschismus an einer halben Million Roma und Sinti wieder Roma von hier in Tod und Elend abgeschoben werden! Der SPD-Senat hat offenbar jedes Gespür für Humanität und Mitmenschlichkeit und für die besondere geschichtliche Verantwortung Deutschlands verloren. Wir fordern als ersten Schritt die Aussetzung der Abschiebungen in den Wintermonaten und weiterhin ein Bleiberecht für die von Abschiebung bedrohten Roma!"


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Quelle:
Pressemitteilung vom 3. November 2011
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. November 2011