Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FAKTEN

MELDUNG/259: Flüchtlingsproteste weiten sich aus (Landesflüchtlingsräte/Pro Asyl)


Gemeinsame Pressemitteilung der Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL
vom 16. August 2012

Flüchtlingsproteste weiten sich aus

In acht deutschen Städten protestieren Flüchtlinge gegen diskriminierende Sondergesetze und für ein selbstbestimmtes Leben / Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL unterstützen Forderungen der streikenden Flüchtlinge



Nach Würzburg, Regensburg, Bamberg, Aub, Düsseldorf und Berlin haben die Straßen-Proteste von Flüchtlingen auch Passau und Nürnberg erreicht. Die streikenden Flüchtlinge wenden sich gegen eine Reihe von diskriminierenden Sondergesetzen und fordern ihr Recht auf ein menschenwürdiges Leben ein.

Die Forderungen der Flüchtlinge sind u.a.:

  • Abschaffung von Residenzpflicht und Wohnsitzauflagen, für das Recht auf Bewegungsfreiheit und freie Wahl des Wohnortes
  • Abschaffung von Lagerzwang, für das Recht auf Wohnen in Privatwohnungen
  • Abschaffung von Essenspaketen und Gutscheinsystemen
  • Abschaffung von Arbeits- und Ausbildungsverboten, für den uneingeschränkten Zugang zu Arbeit und Bildung
  • Keine Abschiebungen, schnelle Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen
  • Ende der sprachlichen Ausgrenzung, für den freien Zugang zu Deutschkursen[1]

"Eine Umsetzung dieser Forderungen ist überfällig. Es ist unerträglich, wie Flüchtlinge durch Gesetze und Behördenpraxis schikaniert und kriminalisiert werden. Wir Landesflüchtlingsräte unterstützen die Flüchtlingsproteste und fordern gesellschaftliche Akteure auf, sich solidarisch zu zeigen. Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse! Sie haben wie alle Menschen das Recht auf ein würdiges und selbstbestimmtes Leben", sagt Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

Ibrahim Kanalan vom Berliner Flüchtlingsrat ergänzt: "Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Juli 2012 die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für verfassungswidrig erklärt hat, ist es nun höchste Zeit, nicht nur das AsylbLG, sondern auch alle anderen diskriminierenden Sondergesetze für Flüchtlinge abzuschaffen. Zum Beispiel müssen die Arbeits- und Ausbildungsverbote schnellstmöglich aufgehoben werden. Aus gut ausgebildeten und motivierten Menschen macht der Gesetzgeber Fürsorgeempfänger. Viele Flüchtlinge zerbrechen am jahrelangen erzwungenen Nichtstun. Flüchtlingen muss endlich die Möglichkeit gegeben werden, für sich selbst zu sorgen, ihre Fähigkeiten einzusetzen und am Erwerbsleben teilzunehmen."[2]

Der Flüchtlingsstreik begann in Würzburg. Seit dem 19. März 2012 campieren dort iranische Flüchtlinge in der Innenstadt, nachdem sich ein Bewohner des Würzburger Sammellagers für Asylsuchende das Leben genommen hatte. Immer wieder traten die Protestierenden in den Hungerstreik.

Ihren vorläufigen Höhepunkt sollen die Proteste im Herbst erreichen. Geplant ist u.a. ein kollektiver Vorstoß gegen die Residenzpflicht in Form eines Protestmarsches, der am 08. September von den verschiedenen Protest-Camps starten und Mitte Oktober in Berlin enden soll.[3]


Informationen über den Flüchtlingsstreik finden Sie hier:
  • Gemeinsame Homepage der streikenden Flüchtlinge:
    http://refugeetentaction.net
  • Protestcamp in Würzburg seit 19. März 2012
    http://gustreik.blogsport.eu
  • Protestcamp in Aub seit 03. Juli 2012
    http://asylaub.wordpress.com
  • Protestcamp in Bamberg seit 2. Juli 2012 auf dem Markusplatz
    http://fluechtlinge-bayerns.com (Streik vorübergehend ausgesetzt)
  • Protestcamp in Regensburg seit 11. Juli 2012 auf dem Neupfarrplatz
    https://strikeregensburg.wordpress.com
  • Protestcamp in Düsseldorf seit 11. Juli 2012 auf dem Johannes-Rau- Platz
    http://refugee-resist-duesseldorf.de
  • Protestcamp in Berlin seit 03. August 2012 auf dem Heinrichsplatz
    https://asylstrikeberlin.wordpress.com
  • Protestcamp in Nürnberg seit dem 10. August 2012 am Hallplatz
    http://strikenuernberg.wordpress.com
  • Protestcamp in Passau seit dem 10. August 2012 im Klostergarten
    http://protestcamppassau.wordpress.com
  • Break Isolation Camp ab 23. August 2012 in Erfurt
    http://breakisolation.blogsport.de


Anmerkungen:

[1] vgl. z.B. Erste Erklärung der streikenden Flüchtlinge in Berlin,
http://asylstrikeberlin.files.wordpress.com/2012/08/first_declaration_german1.pdf

[2] vgl. Pressemitteilung "Jugendliche ohne Grenzen" vom 02.08.2012,
http://bildung.jogspace.net/2012/08/02/ausbildungs-und-arbeitsverbote-fur-fluchtlinge-abschaffen/

[3] vgl. Pressemitteilung des Koordinationskomitees der protestierenden Flüchtlinge vom 09.08.2012, abrufbar auf:
https://asylstrikeberlin.wordpress.com

*

Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 16. August 2012
Postfach 160 624, 60069 Frankfurt/M.
Telefon: +49 069 - 23 06 88, Fax: +49 069 - 23 06 50
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2012