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MELDUNG/270: Antimilitaristischer Protest konnte erfolgreich beginnen ("War starts here"-Camp)


"War starts here"-Camp - Pressemitteilung vom 11. September 2012

"Antimilitaristischer Protest konnte trotz Behördenschikane heute erfolgreich beginnen!"



Auf scharfe Kritik stieß der Umgang der Behörden und der Justiz mit den antimilitaristischen Protesten, die gestern, Montag mit der Errichtung der Mahnwache in Letzlingen begonnen haben. Trotz Versammlungsbestätigung durch das Landkreisamt Salzwedel wurden südlich von Salzwedel Aktivist_innen eines Trecks aus dem Wendland daran gehindert, rechtzeitig zum Beginn der Mahnwache anzukommen. Groteske Begründung des Polizeiführers, warum man sie erst nach und nach in Zweiergruppen ziehen ließ: Sie hätten zu wenig Polizeikräfte, um alle Teilnehmer_innen zu beschatten. Auch wenn die folgenden Behinderungen der Mahnwache durch den Salzwedeler Odnungsamtleiter, wie das nicht nachvollziehbare Parkverbot für Demonstrationsteilnehmer in der Umgebung des Versammlungsortes oder die Auflage zwar Kaffee kochen zu dürfen aber keine Suppe, zwar nervig waren, geben sich die Demonstrant_innen gelassen. "Die Mahnwache wird größer, neue Leute finden sich ein", sagt Karoline Puls, "der Marktplatz ist schon jetzt ein Symbol antimilitaristischen Wirkens. Und auch wenn die Hektik und der Bürokratismus der Polizeibeamten offensichtlich eine Folge des völlig überzogener Sicherheitsfanatismus ist, mit der die Altmark unter einen quasi Ausnahmezustand gestellt wird, werden wir unseren Protest durchziehen. Es ist schon ein starkes Stück, mit welcher Arroganz sich die Behörden über versammlungsrechtliche Standards hinwegsetzen."

Karoline Puls kritisiert dabei besonders die Justiz. In seiner Gerichtsentscheidung von Montag bestätigte das Oberlandesgericht die Auflage des Ordnungsamtes, dass auf der Mahnwache nur ein Versammlungszelt aufgebaut werden darf. Allerdings fußte diese Entscheidung zu einem wesentlichen Teil auf einer Falschaussage des Salzwedeler Ordnungsamtsleiters. Danach hätte der Versammlungsleiter angeblich im Vorfeld die Verfügung akzeptiert. Nur hatte weder Versammlungsleiter noch der Rechtsbeistand die Möglichkeit gehabt zu intervenieren, weil sie von dieser Falschaussage gar nicht in Kenntnis gesetzt wurden. Dies werden wir uns natürlich nicht bieten lassen. Der Versammlungsleiter wird heute eine Anhörungsrüge einreichen.

Schon Ende letzter Woche hat sich das Verwaltungsgericht mit einem mehr als peinlichen Urteil zur Mahnwache auf dem Letzlinger Marktplatz hervorgetan.

"Im Urteil finden sich Passagen, die den Schluss zulassen, dass die Richter die Antragsschrift des Anmelders bezüglich des Aufstellens des Aufstellens dreier Zelte noch nicht mal richtig gelesen haben, geschweige denn sich mit der Sache auseinandergesetzt haben. So beziehen sich die Richter auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Frankfurt vom 6.8.2012 bezüglich der Räumung des Occupy Camps, und wiederholen in Ermangelung eigener Aussagen langatmig dessen Ausführungen, so z. B. dass Demonstranten nur ausnahmsweise das Recht hätten, auf nichtöffentlichen Flächen Versammlungen abzuhalten. Dies ist eine Fragestellung, die mit dem vorliegenden Fall rein gar nichts zu tun hat. Schließlich ist der Letzlinger Marktplatz eine öffentliche Fläche. In seiner Begründung bezieht sich das Amtsgericht sogar auf ein Campverbot, obwohl so etwas in dem zugrunde liegenden Verfahren nie zur Debatte stand. Dieses Verhalten der Justiz, schon mal Campverbote zu rechtfertigen, die noch gar nicht erlassen sind, zeigt, dass das Verwaltungsgericht sich in die Phalanx derer aus Wirtschaft und Politik einreihen will, die in vorrauseilendem Gehorsam gegenüber den Militärs jede Kritik am Gefechtsübungszentrum aus Sachsen Anhalt verbannen wollen."

Über das "War Starts Here"-Camp:
Vom 12. - 17. September findet in Letzlingen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gefechtsübungszentrum (GÜZ) das diesjährige "War Starts Here"-Camp statt. Als internationales antimilitaristisches Diskussions- und Aktionscamp bietet sich hier die Möglichkeit, die Themen Krieg und Militarisierung in den Blick zu nehmen, sich über Entwicklungen auszutauschen und gemeinsam Perspektiven des Widerstands zu entwickeln, sich von den Erfahrungen anderer inspirieren zu lassen und einen Teil dieser am Aktionstag vielleicht umzusetzen: Denn das GÜZ, der derzeit modernste Truppenübungsplatz Europas, ist für die Bundeswehr (und zunehmend auch für Armeen anderer Staaten) ein zentraler Ort, an dem Krieg geübt wird. Da Krieg Üben immer ein Teil von Krieg Führen ist, von Verstümmeln, Verwüsten und Töten, haben Aktivist_Innen angekündigt, den Übungsbetrieb am Aktionstag für einen Tag zu unterbrechen.

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Quelle:
"War starts here"-Camp
E-Mail: presse@warstartsherecamp.org
Internet: www.warstartsherecamp.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2012