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MELDUNG/296: Friedenspolitisches Programm für 2013 verabschiedet (Bundesausschuss Friedensratschlag)


Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag - 28.12.12

Noch mehr Probleme - noch mehr Aufgaben

Friedenspolitisches Programm für 2013 verabschiedet



Kassel, Frankfurt, Berlin, 28. Dezember 2012 - Auf seinem letzten Treffen des Jahres 2012 verabschiedete der Bundesausschuss Friedensratschlag "Friedenspolitische Schwerpunkte 2013". Zur Vorstellung des Programms erklärte der Sprecher des "Friedensratschlags" am Donnerstag in Kassel:


Die Anforderungen an die Friedensbewegung sind größer, ihre momentane Mobilisierungskraft aber kleiner geworden. Vor diesem Hintergrund verabschiedete der Bundesausschuss Friedensratschlag, ein politisches Bündnis zahlreicher Basisinitiativen und Aktivist/innen der deutschen Friedensbewegung seine "Friedenspolitischen Schwerpunkte 2013". Die meisten der 15 thematischen Schwerpunkte, mit denen sich nach Auffassung des Bündnisses im kommenden Jahr befassen sollte, befanden sich bereits im Aktionsprogramm 2012 - sie haben sich aber keineswegs erledigt, sondern in der Regel sogar noch verschärft.

In dem 4-seitigen Papier werden die bedrohlichen Tendenzen der Weltentwicklung benannt. Dazu gehören "Kriege, Gewalt, Umweltzerstörung und Raubbau an den natürlichen Ressourcen" sowie "wachsende Armut, Hunger und massiver Abbau sozialer und demokratischer Rechte". Der Krieg habe wieder Einzug in die internationalen Beziehungen gehalten und stelle den Fortschritt des Völkerrechts und der UNO-Charta mit ihrem strikten Gewaltverbot zunehmend in Frage. Auch die Bundeswehr werde zu einer "globalen Interventionsarmee" transformiert, um mit neuen Waffen (z.B. Kampfdrohnen) die die Kriegführung der NATO effektiver zu machen.

Auf der anderen Seite werden aber auch hoffnungsvolle Entwicklungen ausgemacht: Die Revolten des "arabischen Frühlings", die Massenproteste in Griechenland, Spanien oder Portugal gegen das EU-Diktat, der selbstbewusste Aufbruch zahlreicher lateinamerikanischer Länder sowie die unter dem Sammelbegriff "occupy" gehandelten Aktionen gegen die Diktatur der Finanzmärkte zeigen, dass Widerstand nötig und möglich ist.

Die Agenda der Friedensbewegung beginnt - nun schon zum elften Mal - mit der Forderung nach der sofortigen Beendigung des Kriegseinsatzes in Afghanistan. Der versprochene Truppenabzug Ende 2014 sei eine "Mogelpackung", denn die NATO habe schon längst beschlossen, auch über diesen Zeitpunkt hinaus in Afghanistan zu bleiben. Insofern sei auch die von der Bundesregierung angekündigte Reduzierung der deutschen Truppen auf 3.300 Soldaten bis Februar 2014 "eher ein Wahlkampfmanöver denn eine Trendumkehr", heißt es in dem Papier.

Zugleich wird vor neuen Kriegsabenteuern gewarnt. Jede weitere Sanktion gegen Syrien ermutige nur die bewaffnete Opposition gegen die Assad-Regierung und verschärfe den Bürgerkrieg. Ebenso heize die unter Bundeswehr-Beteiligung erfolgende Entsendung von Patriot-Raketen und fliegenden AWACS-Kommandoplattformen in die Türkei den Bürgerkrieg weiter an und erhöhe das Risiko eines Flächenbrands in der ganzen Nahost-Region. Dem Westen wird vorgeworfen, die UN-Initiativen von Kofi Annan und Brahimi, die auf Verhandlungen zwischen allen Konfliktparteien setzten, von Anfang an für aussichtslos gehalten und einseitig die Rebellen unterstützt zu haben.

Auch gegenüber Iran vertritt der Bundesausschuss Friedensratschlag den Standpunkt strikter Neutralität und der Einhaltung völkerrechtlicher Normen. Wenn es dem Westen wirklich darum geht, die iranische "Bombe" (für deren Bau es bisher keine belastbaren Beweise gibt) zu verhindern, dann sollte das von der UNO beschlossene Vorhaben einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten vorangetrieben werden. Das aber schließt eine Debatte über die existierenden israelischen Atomwaffen ein. Sanktionen gegen Teheran und die militärische Einkreisung Irans lehnt die Friedensbewegung ab.

Von den übrigen Schwerpunkten des Aktionsprogramm sollen hier nur der Kampf der Friedensbewegung gegen die Atomwaffen, gegen die Produktion von Kampfdrohnen sowie gegen den Export von Rüstungsgütern in Länder wie Saudi-Arabien, Indonesien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate usw. genannt werden. Waffenexporte werden von großen Teilen der Bevölkerung außerordentlich kritisch gesehen; die Friedensbewegung wird ihre Aktivitäten auf diesem Feld vor allem an den Rüstungsstandorten genauso verstärken wie ihre Kampagne gegen die zunehmende Einflussnahme der Bundeswehr auf Schulen und Hochschulen.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag ist davon überzeugt, dass es gelingen kann, wieder mehr Menschen für den aktiven Kampf gegen Krieg, Intervention und Gewalt zu gewinnen. Hierzu bedarf es der Verbreitung einer Vision von einer Welt ohne Atomwaffen, einem entmilitarisierten Europa der Aufklärung und der Völkerverständigung und einer Bundesrepublik, von deren Boden nicht weiter Krieg ausgeht. Das Jahr 2013 - das Jahr der Bundestagswahl - muss von außerparlamentarischen Aktionen geprägt sein. "In einem Klima erhöhter politischer Aufmerksamkeit", so heißt es im Programm, gelte es, "über den Zusammenhang von Krisen und Kriegspolitik zu informieren und alternative Wege der Gewaltlosigkeit und Solidarität zu entwickeln". Während die Verantwortlichen der Weltpolitik heute scheinbar davon ausgehen, dass Kriege wieder zum normalen Mittel der Politik gehören, ist die Friedensbewegung davon überzeugt, dass eine Welt ohne Krieg möglich ist. Dafür wird sie sich mit allen Mitteln einsetzen.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)

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Quelle:
Pressemitteilung vom 28. Dezember 2012
AG Friedensforschung
Bundesausschuss Friedensratschlag
Germaniastr. 14, 34119 Kassel
Telefon: 0561-93717974
E-Mail: strutype@uni-kassel.de
Internet: www.ag-friedensforschung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2013