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MELDUNG/298: Paris-Morde - Zeit der Trauer, Zeit der Wut (Cenî)


Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V. - 18. Januar 2013

Hunderttausende bei Trauer-Zeremonie für Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez in Amed fordern Gerechtigkeit und Frieden



Die Wut und Trauer über den gezielten Mord an Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez halten unvermindert an. Am 09. Januar 2013 waren die drei kurdischen Politikerinnen im Kurdistan Informationszentrum in Paris kaltblütig ermordet worden. Seitdem ist die kurdische Bevölkerung in Europa und allen vier Teilen Kurdistans in Bewegung, um die umgehende Aufklärung der Morde zu fordern und den drei Politikerinnen ihr letztes Geleit zu geben.

Gestern Abend waren die Leichname von Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez, begleitet von ihren Angehörigen und Delegationen aus Europa in die kurdische Stadt Amed (Diyarbakir) überführt worden. Dort hatten sich bereits seit gestern Zehntausende versammelt, um die Ermordeten sowie ihren Kampf für Frieden, Frauenbefreiung und die politische Lösung der kurdischen Frage zu würdigen. Heute blieben die Geschäfte in allen Städten Nordkurdistans geschlossen, Schulen wurden boykottiert.

Den Aufrufen des Demokratischen Gesellschaftskongresses (DTK), der Demokratischen Freien Frauenbewegung (DÖKH) und der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) folgend, beteiligten sich Hunderttausende an der heutigen zentralen Zeremonie auf dem Batikent-Platz in Amed. Als Ausdruck der Trauer hatten sich die KundgebungsteilnehmerInnen schwarz gekleidet und als Symbol für ihre Forderung nach einem gerechten Frieden weiße Tücher, bzw. Schals umgebunden. Nach der Aufbahrung der Särge begann die Zeremonie mit einer Gedenkminute für die Ermordeten. Nach Ansprachen der Co-Vorsitzenden der BDP Diyarbakir, Zübeyde Zümrüt, und des Oberbürgermeisters von Diyarbakir, Osman Baydemir, brachten weitere BDP-Abgeordnete und DTK-VertreterInnen ihre Trauer über den Mord an den drei kurdischen Politikerinnen zum Ausdruck.

Die Parlamentsabgeordnete Aysel Tugluk sagte: "Dieses Massaker ist ein Massaker gegen den Frauenkampf. Die Schüsse wurden auf den Frieden und auf die Völkerfreundschaft abgefeuert."

Der Co-Vorsitzende der BDP Selahattin Demirtas betonte in seiner Rede, dass das kurdische Volk mutig und aus diesem Grund zum Frieden bereit sei. "Wir erklären nochmals, dass wir hinter Herrn Öcalan stehen", sagte er. Dass das kurdische Volk die drei ermordeten Frauen von Paris bis Amed auf seinen Schultern getragen habe, sei eine klare Botschaft. Der Wille des Volkes, der in Paris hingerichtet werden sollte, habe sich auf dem Weg nach Amed in eine Manifestation von Millionen verwandelt.

Auch die Angehörigen von Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez erklärten gegenüber den versammelten Menschenmassen, dass sie am Kampf ihrer Kinder für Frieden und Freiheit festhalten werden.

Im Vorfeld der heutigen Trauer-Zeremonie hatten türkische Regierungsvertreter und Medien vor "Provokationen" gewarnt und zur "Besonnenheit" aufgerufen. Dieser Aufruf muss als eine erneute zynische Reaktion der AKP-Regierung gewertet werden. Denn während die Trauerzeremonien und Proteste der kurdischen Bevölkerung gegen den Mord sich durch großen Respekt vor den ermordeten Frauen und ihren Angehörigen auszeichnen, bombardierte die türkische Luftwaffe wiederholt stundenlang Gebiete in Südkurdistan (Irak). Gestern wurde bekannt, dass bei diesem - nach Angaben des türkischen Militärs - bislang größten Luftangriff auf Gebiete in Südkurdistan weitere sieben Menschen ihr Leben verloren haben. Dörfer wurden bombardiert, Wohnhäuser der Zivilbevölkerung zerstört.

Hieraufhin stellte der DTK Vertreter Ahmet Türk auf der heutigen Kundgebung in Amed berechtigter Weise die Frage an die türkische Regierung: "Was für eine Besonnenheit ist das, in der die Kandil-Region bombardiert wird?"

Zur Stunde geht die Trauer-Zeremonie in Amed weiter. Morgen werden die Leichname der drei kurdischen Politikerinnen, begleitet von ihren Angehörigen, Delegationen von BDP-Abgeordneten, der Frauenbewegung und weiteren Organisationen, an ihre Geburtsorte nach Dersim, Elbistan und Mersin überführt und dort öffentlich bestattet werden. Zu den Beerdigungen werden wiederum Zehntausende TeilnehmerInnen erwartet.

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Quelle:
Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2013