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MELDUNG/377: Menschenrechtsorganisationen verklagen Wirtschaftsministerium (urgewald)


urgewald - Kampagne für den Regenwald - Pressemitteilung vom 9. Dezember 2013

Menschenrechtsorganisationen verklagen Bundeswirtschaftsministerium

Drei Organisationen wollen Recht auf Unterlagen zu Hermesbürgschaften durchsetzen - Menschenrechtsprüfungen werden nicht offengelegt



BERLIN, 09.12.2013 - Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International in Deutschland, urgewald und GegenStrömung haben am Montag erstmals Klage gegen die Bundesregierung erhoben. Diese hatte einen Antrag der Organisationen abgelehnt, Informationen zum Menschenrechtsschutz bei der Vergabe von Hermesbürgschaften offenzulegen. "Das zuständige Wirtschaftsministerium behauptet, dass es die Menschenrechtssituation vor Ort bei der Vergabe der Bürgschaften hinreichend berücksichtigt. Gleichzeitig weigert sich die Behörde, die entsprechenden Daten öffentlich zu machen. Das stiftet kein Vertrauen", erklärt Verena Haan, bei Amnesty Deutschland zuständig für Wirtschaft und Menschenrechte.

Mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin wollen die drei Organisationen nachvollziehen, wie die Bundesregierung mögliche menschenrechtliche Auswirkungen der geförderten Projekte prüft. Bereits im Juli 2012 hatten sie dazu Einsicht in die Prüfberichte für eine Reihe von Projekten beantragt. So fragten sie zum Beispiel nach Bergbau- und Staudammprojekten und Kraftwerken in Ländern wie Kasachstan, Mauretanien, Tadschikistan, Aserbaidschan und der Türkei, sowie nach Projekten in Weißrussland. "In diesen Ländern und Branchen sind Menschenrechtsverletzungen wahrscheinlich oder sogar an der Tagesordnung. Es kommt zu Vertreibungen und Umweltzerstörung, Arbeitnehmerrechte oder die Meinungsfreiheit werden missachtet. Daher wollen wir genau wissen, wie die Unternehmen und die Bundesregierung hier ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen. Die Bundesregierung jedoch behandelt diese Informationen wie ein Staatsgeheimnis", kritisiert Regine Richter von urgewald.

Grundlage der Klage sind das Informationsfreiheitsgesetz und das Umweltinformationsgesetz, die den freien und unbegründeten Zugang zu amtlichen Informationen gewähren sollen. In der Ablehnung des Antrags der drei Organisationen nennt das Wirtschaftsministerium als Gründe den Schutz innerbehördlicher Beratungen, vertraulich erhobener Informationen und internationaler Beziehungen sowie von Geschäftsgeheimnissen. "Wir haben deutlich gemacht, dass sich unser Antrag auf den Umwelt- und Sozialteil der Prüfberichte beschränkt und wir nicht an weiteren, sensiblen Daten interessiert sind. Dass dies vollständig abgelehnt wird, ist inakzeptabel und widerspricht diesen Gesetzen. Deshalb klagen wir jetzt", sagt Heike Drillisch von GegenStrömung.

2012 förderte die Bundesregierung im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung die Exporte und Investitionen deutscher Unternehmen in Entwicklungs- oder Schwellenländern mit fast 30 Milliarden Euro. Über Bürgschaften entscheidet das Wirtschaftsministerium im Konsens mit den Ministerien für Finanzen, Auswärtiges und Entwicklungszusammenarbeit. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 stellen die Außenwirtschaftsförderung als einen Bereich heraus, bei dem höchste menschenrechtliche Sorgfalt geboten ist.

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Quelle:
Pressemitteilung, 09.12.2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2013