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MELDUNG/506: Bürgerrechtler kritisieren Forderungen nach Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat)


Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 17.02.2015

Bürgerrechtler kritisieren Forderungen nach Vorratsdatenspeicherung als Instrumentalisierung der Opfer von Paris und Kopenhagen


Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung weist die Forderung von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer [1] nach einer Vorratsdatenspeicherung in Deutschland scharf zurück. Die Bürgerrechtler plädieren stattdessen für besonnenes Handeln von Politik und Sicherheitsbehörden sowie für die Anwendung grundrechtsschonender Alternativen zur Massenüberwachung.

Sowohl nach den Anschlägen in Frankreich, als auch zuletzt nach den Vorfällen in Kopenhagen wurden aus Reihen der Unionsparteien und Sicherheitskreisen wieder Rufe nach neuen Überwachungswerkzeugen laut. Dem entgegnet Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: "Die Morde von Paris und Kopenhagen sind durch die dortigen Vorratsdatenspeicherungen nicht verhindert worden. In beiden Fällen waren die Verdächtigen den Sicherheitsbehörden bereits seit Monaten oder sogar Jahren bekannt. Es ist ganz schlechter Stil, diese Ereignisse und ihre Opfer für die eigene politische Agenda zu instrumentalisieren."

"Wir brauchen dringend eine Rückbesinnung auf evidenzbasierte Methoden in der Inneren Sicherheit. Mehr Sachlichkeit würde der Debatte gut tun, schließlich ist Angst ein denkbar schlechter Berater", fügt padeluun vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hinzu. "Gebetsmühlenartige Forderungen nach Unterwanderung von sicherer Verschlüsselungssoftware durch Geheimdienste oder Vorratsdatenspeicherung führen sichtbar in die Sackgasse. Vielmehr ist nüchtern zu analysieren, welche strukturellen und personellen Defizite zum Versagen von Sicherheitsbehörden führen, und wie man diese beseitigt. Dazu gehört zwingend auch das Abschaffen von unwirksamen und unverhältnismäßigen Überwachungswerkzeugen."

Sowohl das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, als auch die übergeordnete EU-Richtlinie wurden vom Bundesverfassungsgericht bzw. dem Europäischen Gerichtshof für grundrechtswidrig und mit sofortiger Wirkung für ungültig erklärt [2] [3]. Die Massenverfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung war mit über 35.000 Unterzeichnern bis zu der Klage gegen den ESM-Vertrag die größte Beschwerde ihrer Art in Deutschland, und maßgeblich vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung initiiert und umgesetzt worden [4].


Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, die sich in Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen die ausufernde Überwachung im Allgemeinen und gegen die Vollprotokollierung der Telekommunikation und anderer Verhaltensdaten im Besonderen einsetzen.
http://www.vorratsdatenspeicherung.de


Anmerkungen:

[1] zur Forderung von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article137472699/Polizei-erhielt-Hinweis-auf-konkreten-Anschlagsplan.html

[2] Urteil der Bundesverfassungsgerichts zum deutschen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2010/03/rs20100302_1bvr025608.html

[3] Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung:
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2014-04/cp140054de.pdf

[4] Pressemitteilung des AK Vorrat zur Massenverfassungsbeschwerde:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/184/79/

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Quelle:
Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 17.02.2015
E-Mail: presse@vorratsdatenspeicherung.de
Internet: www.vorratsdatenspeicherung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2015

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