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MELDUNG/526: Kölner Betriebsausflug zur Büchel-Blockade - Sitz-Blockade unrechtmäßig geräumt? (Heinz Weinhausen)


Kölner Betriebsausflug zur Büchel-Blockade

Wurde Sitz-Blockade unrechtmäßig geräumt?

von Heinz Weinhausen, 24. April 2015


Teilnehmer es Betriebsausflugs von Kölner selbstverwalteten Betrieben mit Transparenten vor dem Fliegerhorst Büchel - Foto: © SSM

Foto: © SSM

Der Betriebsausflug von Kölner selbstverwalteten Betrieben führte in die Nähe von Cochem an der Mosel. Am sehr kalten Morgen des 20. April wurde es auf einmal recht heiß vor dem Haupttor des Fliegerhorstes Büchel, wo 20 US-Atombomben nach dem Willen der Demonstrant*innen am besten möglichst schnell verschrottet werden sollten. Einmal, weil diese fürchterlichsten aller Waffen nicht zwischen Zivilist*innen und Militärs, selbst nicht zwischen Freund und Feind zu unterscheiden wissen, zum anderen, weil sie genau wegen dieser unkalkulierbaren Wirkung vom internationalen Gerichtshof in Den Haag als völkerrechtswidrig eingestuft wurden.

Heiß wurde es dem Polizeieinsatzleiter Herr B.. Aber nicht, weil er sich nun zur Durchsetzung des Völkerrechts etwa mit den dort stationierten Soldaten plagte, weil sie uneinsichtig und stur die Verschrottung der dort stationierten US-Atomwaffen verweigerten und er nun vor dem Problem stand, wie er deren Blockade möglichst ohne Anwendung von Waffengewalt auflösen könnte. Nein, in Verkennung der Rechtslage eiferte er vielmehr seinen Dienstherren und Dienstherrinnen nach, die Recht zu Unrecht werden lassen und dulden, dass sämtliche amerikanische Präsidenten auf internationales Recht pfeifen und vielmehr meinen, dass Deutschland ein verlängerter Arm der USA zu sein hat. Der Bundestag hat im Jahre 2010 dagegen vorbildlich aufbegehrt und ein atomwaffenfreies Deutschland anvisiert. Anstatt dass Bundeskanzlerin Merkel, inzwischen auch Vizekanzler Gabriel, nun die Souveränität der BRD durchsetzen, kuschen sie vielmehr vor Obama und ordnen dienstbeflissen auch noch an, die völkerrechtswidrigen Atombomben schützen zu lassen.

Unser Polizeieinsatzleiter meinte nun offensichtlich in Verkennung der Rechtslage gehorchen und darüber hinaus sich auch noch vor den Soldat*innen des Fliegerhorstes als Hardliner aufspielen zu müssen. Nach seinem Credo müssen blockierende Demonstrant*innen gewissermaßen schnurstracks von der Straße »gefegt« werden. Dabei wurde es ihm allerdings diesmal heiß und der Blutdruck stieg sichtbar, weil sich die Blockadegruppe stur und uneinsichtig gegenüber amtlichen Drohungen zeigten. Diese Uneinsichtigkeit war allerdings sehr angemessen, weil Herr B. es versäumte, den versammelten Straßenblockierer*innen die Gründe darzulegen, warum er erstens die Rechtsposition des Den Haager-Gerichtshofes nicht gegen die Bundeswehr durchsetzen will und zweitens darüber hinaus noch die im Grundgesetz garantierte politische Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig ruckzuck aufzuheben gedachte.

Kaum hatte die sitzende Straßen-Versammlung vor wartenden Autos begonnen, ordnete er schon deren Auflösung an. Wer nicht gehen würde, würde entfernt: »Ich fordere Sie zum ersten Mal auf usw. .« Hier erhob sich lauter und energischer Einspruch. Herr Einsatzleiter B. wurde darüber informiert, dass Sitzblockaden gemäß des Bundesverfassungsgerichtes (1BvR 388/05) den Schutz der Versammlungsfreiheit genießen, auch wenn sie gewollte Behinderungen Dritter bedeuten. Aber von den erläuternden Ausführungen wollte er nichts mehr hören und behauptete sogar, dies alles schon zu wissen! Und suchte erregt und sich verhaspelnd das Wegtragen anzuordnen, was ihm nach einer Weile dann tatsächlich gelang.


Polizei fordert Sitzende zum Gehen auf - Foto: © SSM   Polizisten beim Anheben einer Person - Foto: © SSM

Fotos: © SSM

Ohne konkrete Gefahrenprognose, ohne Erläuterung der Gründe, warum er die Straßenversammlung als weniger schützenswert einschätzt als das angebliche Recht von deutschen Tornado-Piloten zu ihren todbringenden Bomben zu kommen, ohne die Versammelten überhaupt angemessen anzuhören, zog der Polizeieinsatzleiter seinen Dienst in militärischer Manier durch. Dies wird sicherlich noch ein gerichtliches Nachspiel haben. Ach, würden doch allen Polizist*innen - und nicht nur die - den Ausspruch von Hannah Arendt beherzigen: »Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen.«


Hinweise: Die Büchel-Blockade am 20. April wurde getragen von sechs Kölner selbstverwalteten Betrieben (SSM, Baukollektiv, Projektkultur, StadtRevue, Cafe Fatsch, VIA) so wie Unterstützer*innen aus dem Inland und Frankreich. Sie ist Teil der Aktion Büchel65.

Informationen:
Aktion Büchel65: www.buechel-atomwaffenfrei.de
Kölner Betriebe: www.lokotopia.net/index.php/sebek
Blockade-Aufruf: www.ina-koeln.org/aufruf.pdf
Hintergrund: www.contraste.org/index.php?id=96

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Quelle:
© 2015 by Heinz Weinhausen
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2015

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