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MELDUNG/642: Abschiebe-Flüge von Rostock-Laage unter Ausschluß der Öffentlichkeit (Flüchtlingsrat Hamburg)


Flüchtlingsrat Hamburg - Presseerklärung vom 13.05.2016

In Kooperation mit den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern:

Erste Abschiebe-Flüge mit Air-Berlin von Rostock-Laage - Transparenz und die Kontrollierbarkeit zur Einhaltung von Menschenrechten müssen gewahrt sein


In den vergangenen drei Tagen (10.05. bis 12.05.2016) wurden die ersten Sammelabschiebungen per Flugzeug der Billigfluglinie "Air Berlin" aus Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen. Insgesamt sind davon mehr als 200 Menschen aus den Unterkünften in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in ihre Herkunftsländer Kosovo, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Mazedonien und Serbien abgeschoben worden [1].

Das Flugzeug war kein Linienflug, sondern transportierte ausschließlich Ausreisepflichtige. Es startete auch nicht vom gängigen Terminal in Rostock-Laage, sondern vom eigentlich stillgelegten ehemaligen Terminal auf dem Fluggelände. Hier wurde eigens eine Abfertigungsstrecke mit Zoll- und Passkontrolle, Boarding sowie Sicherheits-Check eingerichtet.

Die Abschiebungen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, denn weder den Pressevertreter_innen noch den Unterstützer_innen vor Ort wurde eine direkte Kontaktaufnahme gewehrt. Die verantwortlichen Beamten beantworten zwar Fragen, ließen aber keinen Kontakt zu den Menschen im Wartebereich zu. Auch blieben den anwesenden Beobachter_innen des Flüchtlingsrats Mecklenburg-Vorpommern Gespräche mit den Betroffenen verwehrt; anwesende Pressevertreter_innen wurden weit entfernt vom eigentlichen Geschehen abgefertigt. Offensichtlich sollte es keine mediale Dokumentation oder kritische Beobachtung des behördlichen Vorgehens der durchgeführten Abschiebungen aus Mecklenburg-Vorpommern geben. Ebenso wenig wurde die Öffentlichkeit im Vorfeld von keinem der zuständigen Vertreter der Bundesländer darüber informiert, dass der Flughafen Rostock-Laage zu einem neuen Standort für Abschiebungen umfunktioniert wird.

Der Flüchtlingsrat Hamburg kritisiert dieses Vorgehen scharf! Wir fordern den uneingeschränkten Zugang von Anwält_innen und Rechtsberater_innen! Wir fordern den Zugang von Menschenrechtsorganisationen, Monitoring-Gruppen und den Zugang der Presse! Wir fordern die Einbindung von Öffentlichkeit! Kritische Beobachtung muss gewährleistet werden!

Aufgrund fehlender, vorheriger Informationslage hatten weder die betroffenen Kinder noch Erwachsene Zeit, rechtliche Schritte gegen die geplante Abschiebung einzuleiten, sondern wurden in der Nacht aus den Unterkünften abgeholt. Um gewaltvolle Situationen wie diese zu vermeiden, fordern wir den frühzeitigen und hürdelosen Zugang zu rechtlicher Beratung für alle geflüchteten Menschen! Der Flüchtlingsrat Hamburg spricht sich gegen jegliche Form der Abschiebung aus, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit; egal, ob am abgeschiedenen Flughafen oder mitten in der Stadt!

In den letzten drei Tagen wurden Geflüchtete in die so genannten, vermeintlich "sicheren" Herkunftsstaaten der Balkanländer abgeschoben. Die Bundesregierung rechtfertigt dies auf einer Grundlage, die von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen widerlegt ist: Roma und Sinti sind dort keineswegs sicher vor Diskriminierung. Nach wie vor gibt es in jenen Ländern gruppenspezifische Verfolgung von Roma und Sinti, gleiche Rechte werden ihnen durch staatliches Handeln aberkannt. Wir sprechen uns aus für ein bedingungsloses Bleiberecht für Roma und Sinti in Hamburg und fordern die Politik auf, die Einstufung von unsicheren zu "sicheren" Herkunftsstaaten zu beenden! Wir brauchen keine Stufen der Ausgrenzung! Wir stehen für eine Gesellschaft ohne Grenzen, in der Freiheit die höchste Sicherheit bedeutet!


Anmerkung:
[1] Dienstag (10.05.2016) sind 52 Menschen, etwa die Hälfte von ihnen Kinder, Mittwoch (11.05.2016) 48 Menschen, einschließlich dreizehn Kindern und am heutigen Donnerstag (12.05.2016) erneut 52 Menschen mit dreizehn Kindern aus Rostock-Laage abgeschoben worden.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 13. Mai 2016
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Nernstweg 32-34, 22765 Hamburg 3. Stock
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2016

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