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MELDUNG/664: Auslagerung von EU-Grenzen schafft neue Fluchtursachen (medico international)


medico international - Pressemitteilung vom 8. Juli 2016

Jahrespressekonferenz medico international

"Auslagerung von EU-Grenzen schafft neue Fluchtursachen"


(Berlin) Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international kritisierte auf ihrer heutigen [8.7.2016] Jahrespressekonferenz, dass die aktuelle Politik der deutschen Bundesregierung nicht Fluchtursachen bekämpfe sondern Flüchtlinge.

"Es gibt keine Flüchtlingskrise, sondern eine Systemkrise. Flucht und Migration sind das Ergebnis ungerechter globaler Verhältnisse, in denen ökonomische Interessen über die Rechte der Menschen dominieren", sagt medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer. Ohne globale Umverteilung seien alle Programme zur Reduzierung von Fluchtursachen zum Scheitern verurteilt und letztlich nur "sinnloses Herumdoktern an den Symptomen".

Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration, kritisierte weiter die Instrumentalisierung der Entwicklungshilfe für die europäische Abschottungspolitik: "Um die Flüchtlinge unsichtbar zu machen, sollen die Grenzen Europas bis in den Sudan oder Eritrea ausgelagert werden. Mit viel Geld delegiert die EU Menschenrechtsverletzungen und die Errichtung von abschreckenden Lagern an außereuropäische Staaten." Diese Externalisierungspolitik werde neue Fluchtursachen schaffen, wenn sie Diktaturen stärkt oder Entdemokratisierung duldet, wie beispielsweise durch den Deal mit der Türkei.

Die Summe der Spenden, die medico international 2015 erhalten hat, beläuft sich auf rund 6 Millionen Euro. Das bedeutet eine Steigerung im Vergleich zu 2014 um 7,2 %, womit sich der Trend der letzten Jahre fortschreibt. Die Zuschüsse von öffentlicher Seite erhöhten sich im Berichtsjahr um 10,8 % auf ca. 4,4 Millionen und liegen damit aber noch immer nicht in einem Bereich, in dem sie die Unabhängigkeit von medico gefährden würden. Auch im Jahr 2015 erhielt medico das Spendensiegel des "Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen" (DZI).

Insgesamt konnte die Hilfsorganisation im vergangenen Jahr wieder deutlich mehr als 100 Projekte in 28 Ländern fördern. "Wir exportieren nicht Hilfsgüter oder Personal, sondern fördern lokale Partnerorganisationen vor Ort. Die Idee, die uns verbindet, ist die Idee einer Welt, in der niemand mehr aufgrund von Krieg, Hunger oder zerstörter Lebensbedingungen zur Flucht gezwungen wird, denn nur so ist das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerte Recht auf Freizügigkeit vollkommen", erläutert Pressesprecherin Katja Maurer.

Der medico-Jahresbericht ist abrufbar unter:
https://www.medico.de/material/jahresbericht/

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Quelle:
medico international - Pressemitteilung vom 08.07.2016
Herausgeber: medico international
Burgstraße 106, 60389 Frankfurt am Main
Tel.: 069/944 38-0, Fax: 069/43 60 02
E-Mail: info@medico.de
Internet: www.medico.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2016

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