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STANDPUNKT/131: Freispruch/Rehabilitierung der angeklagten Lebensretter gefordert (ILMR)


Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR) - FIDH/AEDH Deutschland - 02.10.09

Lebensretter aus Deutschland vor italienischem Gericht

Internationale Liga für Menschenrechte fordert Freispruch!
Unterlassene Hilfeleistung ist eine Straftat, Hilfe für Menschen in Not ein humanitäres Gebot!


Urteilsverkündung gegen Kapitän Stefan Schmidt, Elias Bierdel und Vladimir Daschkewitsch
wird nach fast drei Jahren Prozessdauer für 07. Oktober 2009 erwartet.


Im Juni 2004 rettete Stefan Schmidt als Kapitän mit Befehlsgewalt über das deutsche Schiff "Cap Anamur" 37 Menschen, die auf dem Fluchtweg nach Europa vor der italienischen Küste in Seenot geraten waren. Diese Rettungsaktion ist ein herausragender Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte an den Grenzen der EU. Daher erhält der Kapitän am 13. Dezember 2009 in Berlin die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte.

Die Liga protestiert entschieden gegen den seit 2006 in Italien geführten Strafprozess, mit dem die Staatsanwaltschaft versucht, die Rettung von Menschen in Seenot unter Strafe stellen zu lassen. Die Anklage gegen den Kapitän, gegen den 1. Offizier auf dem Schiff, Vladimir Daschkewitsch sowie gegen den Journalisten und damaligen Vorsitzenden des Hilfskomitees "Cap Anamur" Elias Bierdel, der sich ebenfalls an Bord befand, lautete bei der Eröffnung des Prozesses in Agrigento/Sizilien: Bandenmäßige Beihilfe zur illegalen Einreise in besonders schwerem Fall. Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre Haft und 400.000 EUR Geldstrafe.

Die Gründe für das existenzgefährdende Strafmaß, für die nunmehr drei Jahre andauernde Zermürbung der Retter sowie die demonstrative Missachtung der universellen Menschenrechte und humanitären Gebote sind fadenscheinig. Die Staatsanwaltschaft versucht - mit Unterstützung, wenn nicht sogar im Auftrag der italienischen Regierung - die Umsicht, mit der Stefan Schmidt seiner Fürsorgepflicht auf See nachkam, zu desavouieren:

Die vorbildliche Handlung soll zum abschreckenden Beispiel werden.
Eine solche Kriminalisierung humanitären Handelns werden wir nicht zulassen!
Wir fordern Freispruch für die drei Angeklagten und ihre Rehabilitierung!

Für den Fall eines Schuldspruchs kündigt die Liga gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen anhaltende Proteste - auch über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus - an.

Italien steht nicht über den Menschenrechten und die italienische Justiz nicht über elementaren Geboten der Menschlichkeit!

Zugleich fordert die Liga mit vielen Menschenrechts-, Flüchtlings- und Migrantenorganisationen in Deutschland und anderen EU-Ländern eine grundlegende Änderung der tödlichen Abschottungspolitik der Europäischen Union!

Diesbezüglich fordern wir eine klare Aussage auch der neuen Bundesregierung. Ein Umdenken und die Einhaltung der Menschenrechte - gerade auch im Umgang mit Menschen auf der Flucht - ist längst überfällig!

Das Mittelmeer - einst die Wiege der europäischen Kultur - darf nicht in ein Massengrab verwandelt werden. Europa muss Zufluchtswege schaffen und schützen!

Der Vorstand
02. Oktober 2009


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Quelle:
Pressemitteilung vom 02.10.2009
InternationaIe Liga für Menschenrechte
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Tel.: 030 - 396 21 22, Fax: 030 - 396 21 47
E-Mail: vorstand@ilmr.de
Internet: www.ilmr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2009