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BERICHT/140: Kampf philippinischer Bauern um ihr Land (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2007
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Land ist die Lösung

Kampf philippinischer Bauern und Bäuerinnen um ihr Land

Von Olivier Hoffmann


Eine rund 3.000 Mitglieder starke Bauernorganisation kämpft auf der philippinischen Halbinsel Bondoc seit Jahren für das ihnen gesetzlich zustehende Land. Gegen die Widerstände der Großgrundbesitzer, den mangelnden politischen Willen der Regierung, ihre eigenen Gesetze umzusetzen, und gegen die Ideologie maoistischer Rebellen versuchen die Bauern und Bäuerinnen gewaltlos ihr Recht durchzusetzen. Der Preis, den sie dafür zahlen, ist hoch: Drohungen, Schikanierungen, Inhaftierungen, sogar Mord.


Seit Oktober 2006 stehen den Mitgliedern der lokalen Bauernorganisation KMBP (Kilusang Magbubukid ng Bondoc Peninsula) MenschenrechtsbeobachterInnen des International Peace Observers Network (IPON) zur Seite. Deren Präsenz soll alle Akteure in der Region vor Übergriffen gegen die Bauern und Bäuerinnen abschrecken. Kommt es dennoch zu Menschenrechtsverletzungen, werden sie von IPON dokumentiert und an die Öffentlichkeit gebracht. Auf diese Weise wird Raum für die Bauern und Bäuerinnen geschaffen, sich gewaltlos für eine friedliche Lösung ihres Konfliktes einzusetzen.


Hacienda Law

'Ihr Konflikt', das ist der Kampf der Bauern und Bäuerinnen um drei Hektar Land. Land, das jedem von ihnen laut philippinischem Agrarreformgesetz zusteht. Doch die Umverteilung des Landes kommt nicht voran. Warum? Die Gründe sind vielfältig. Einem Vertreter des Agrarreformministeriums zufolge liegen sie in Bondoc in erster Linie bei den "drei großen Kopfschmerzen". Gemeint sind die drei mächtigsten Großgrundbesitzer der Halbinsel, Reyes, Uy und Matias, die zusammen zwischen 20.000 und 25.000 Hektar Land ihr Eigen nennen. Bewirtschaften lassen sie 'ihr' Land von PächterInnen, die bis zu 70 Prozent der Ernteerträge abgeben müssen. Kosten wie Saatgut, Arbeitsgeräte oder Ernteausfälle tragen die Bauern und Bäuerinnen dabei selbst. Menschenrechte sind in diesem 'sharing system', das feudal, ausbeuterisch und nach philippinischem Recht sogar illegal ist, de facto außer Kraft gesetzt. Die Landlords kümmert das wenig. Denn der Einfluss ihres Geldes sichert ihnen mitunter die Mithilfe, auf jeden Fall aber das Nicht-Eingreifen und Stillschweigen lokaler Polizisten, Soldaten und Richter.

Seit sich die Bauern und Bäuerinnen organisieren, Anträge auf Landumverteilung stellen und das Abgabesystem boykottieren, spitzt sich die Lage zu. Von Seiten der Großgrundbesitzer wird gedroht, schikaniert, im schlimmsten Fall gemordet. Die AntragstellerInnen werden mit dubiosen Klagen überhäuft, ihr Kampf um Land wird kriminalisiert. Die Vehemenz, mit der sich die Großgrundbesitzer gegen eine Umverteilung wehren, hat ihren Grund: Denn hier geht es nicht um den Verlust einiger Hektar Land, sondern um den Erhalt eines Systems. Dieses System hat einen Namen: Hacienda Law - das Gesetz der Landbesitzer.


"Wie die Wahl zwischen Pepsi und Coca-Cola"

Am 14. Mai 2007 wurde auf den Philippinen gewählt. Ob die spannende Frage, wer gewonnen hat, allerdings wirklich so spannend ist, wagen viele AntragstellerInnen zu bezweifeln. Denn die Landfrage hängt nach Meinung vieler nicht wesentlich mit dem Ausgang der Wahlen zusammen. Einer der Anführer der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP) bezeichnete die Wahl zwischen regierenden und oppositionellen Politikern auf den Philippinen einmal als "die Wahl zwischen Pepsi und Coca-Cola' und liegt damit wohl richtig.

Dennoch kann dies nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass kommunistische Visionen wie die von der New People's Army (NPA) propagierte revolutionäre Landreform die Bauern und Bäuerinnen inzwischen auch nicht mehr überzeugen. Die Losung der Bauern und Bäuerinnen heißt ganz simpel "Land ist die Lösung". Dass dies kein leerer Spruch ist, daran glauben längst nicht mehr nur die Bauern und Bäuerinnen selbst. Auch Regierungs- und sogar Militärvertreter sehen in der Landumverteilung mittlerweile einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Doch solange der politische Wille, eine gerechte Umverteilung mit Nachdruck voranzutreiben, fehlt, wird die NPA auch weiterhin aus den Reihen frustrierter Bauern und Bäuerinnen rekrutieren können. Eine Lösung der Konflikte rückt so in weite Ferne.

Mehr zum International Peace Observer Network (IPON) gibt es unter
www.ipon-philippines.org.

Der Autor war im Auftrag von IPON als Menschenrechtsbeobachter auf Bondoc.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2007, März 2007, S. 13
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2007