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BERICHT/153: Investitionsschutzabkommen verhindert Hungerbekämpfung (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Investitionsschutzabkommen verhindert Hungerbekämpfung
Deutsche Haltung gegenüber paraguayischer Delegation zögerlich

Von Roman Herre


Im November letzten Jahres legten VertreterInnen paraguayischer Kleinbäuerinnen und -bauern dem Komitee für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Menschenrechte in Genf einen Bericht über Verletzungen des Menschenrechts auf Nahrung vor. Das Komitee zeigte sich besonders besorgt über die kontinuierliche Verschleppung der Agrarreform und die Konzentration des Landbesitzes in den Händen weniger. Daher forderte es die paraguayische Regierung auf, die Umverteilung von brach liegendem Land an Landlose und kleinbäuerliche Betriebe sowie die Rückgabe traditionellen Territoriums an indigene Gemeinschaften aktiv voran zu bringen.


Dabei bremst nicht nur die dortige Regierung eine Umsetzung aus. Mehrfach wurde Land nicht umverteilt, weil es deutschen Staatsbürgern gehörte und diese sich auf ein Investitionsschutzabkommen (ISA) zwischen beiden Länder beriefen. Dies soll angeblich vor einer rechtstaatlichen Umverteilung inklusive Entschädigungszahlung schützen. Der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof stellte in seinem Urteil von 2006 hingegen klar: Eine solche Auslegung ist menschenrechtswidrig (FIAN-Fall Sawhoyamaxa).

So lag es auf der Hand, dass die paraguayische Delegation auch nach Deutschland kam. In einem Treffen mit VertreterInnen von Wirtschaftministerium und Auswärtigen Amt forderte sie die deutsche Seite auf, in einer offiziellen Note an Paraguay klar zu stellen, dass das ISA der Agrarreform nicht im Wege steht.

Die deutsche Seite reagierte zögerlich, versprach aber, die Problematik in bilateralen Gesprächen zu klären sowie sich positiv zur paraguayischen Agrarreform auszusprechen. Abzuwarten bleibt, welche Ergebnisse diese Gespräche bringen. Sollte das ISA weiter zur Verhinderung der Agrarreform missbraucht werden und eine Umsetzung des Menschenrechts auf angemessene Ernährung verhindern, muss die deutsche Regierung ein klares Signal setzen und sich mit einer offiziellen Note von einer solchen Auslegung distanzieren.

Besonders wichtig ist es, den öffentlichen Druck auf die paraguayische Regierung aufrecht zu halten und weiter auf die Umsetzung des Urteils im Fall Sawhoyamaxa zu drängen - auch in der Hoffnung, dass dieser Fall Schule macht.


Der Autor ist Agrarreferent bei ElAN-Deutschland.


Die Studie Wie deutscher Landbesitz in Paraguay effektive Hungerbekämpfung verhindert, herausgegeben von Brot für die Welt, eed, FIAN und Misereor, kann unter www.fian.de → Themen/Kampagnen → Agrarreform → Dokumente heruntergeladen werden.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2008, S. 13
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2008