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BERICHT/049: Gerechtigkeit für Munir


peace brigades international - Internationale Friedensbrigaden
pbi Rundbrief 01/08

Gerechtigkeit für Munir
Die Witwe Suciwati kämpft um Aufklärung

Von Melanie Böckmann


Nach gut drei Jahren ging der Berufungsprozess um die Ermordung des Menschenrechtlers Munir Said Thalib im Januar zu Ende. Munir war 2004 während eines Flugs mit der staatlichen Fluggesellschaft Garuda auf dem Weg nach Amsterdam vergiftet worden. Jetzt wurde Pollycarpus Budihari Priyanto, Pilot bei Garuda und damals als Passagier unterwegs, zu 20 Jahren Haft verurteilt. MELANIE BÖCKMANN über die Hintergründe des Giftmordes.


Die T-Shirts mit der Aufschrift "Keadilan untuk Munir" (Gerechtigkeit für Munir) sind im Gerichtssaal häufig zu sehen. Suciwati Munir, 39 und Mutter von zwei Kindern, arbeitet für die Tifa Stiftung, eine Nichtregierungsorganisation die sich für eine freie indonesische Gesellschaft einsetzt. Unbeirrt von den vielen JournalistInnen und Interviewanfragen sitzt Suciwati auf einer Holzbank wie alle anderen BeobachterInnen auch. Neben BotschaftsmitarbeiterInnen, ausländischen BeobachterInnen und MitarbeiterInnen indonesischer Menschenrechtsorganisationen sitzen dort natürlich auch die Familien der Angeklagten im Prozess um den Mord an Suciwatis Ehemann. Im Berufungsprozess Ende 2007 versucht die Justiz endgültig zu klären, wer den Auftrag zum Giftmord gegeben hat. Das öffentliche Interesse ist groß.

Die BefürworterInnen Munirs mit seinem Bild auf den T-Shirts und der große Medienanklang zeigen Suciwatis Popularität. Trotzdem sind nicht alle in Indonesien auf ihrer Seite. Am 22. November 2005 bekam Suciwati Munir ein totes Huhn zugeschickt: Eine Warnung, den Tod ihres Mannes nicht mit der indonesischen Regierung in Verbindung zu bringen. Suciwati hat sich davon jedoch nicht abschrecken lassen und setzt sich drei Jahre später immer noch für die lückenlose Aufklärung des Falles ein.


Der Tod von Munir Said Thalib

Am 7. September 2004 starb der Menschenrechtler Munir Said Thalib auf einem Flug von Jakarta nach Amsterdam. Die Obduktion ergab eine tödliche Dosis Arsen in Munirs Körper, verabreicht durch Orangensaft. Der Mord, der zu internationalen Schlagzeilen führte, wurde 2004 nur auf Drängen von Suciwati und den Nichtregierungs-Organisationen KontraS (Kommission für verschwundene Personen und Opfer von Gewalt) und Imparsial (Indonesischer Zweig der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch) vor Gericht gebracht. Ein Jahr danach wurde Pollycarpus als Mörder Munirs verurteilt, die Verurteilung später jedoch wieder aufgehoben. BeobachterInnen vermuteten, dass der indonesische Geheimdienst hinter dem Mord stehe. Eine Vermutung, die sich durch jetzt veröffentlichte Beweise zu bestätigen scheint. Menschenrechtsorganisationen drängen nun auf die weitere strafrechtliche Verfolgung der eigentlichen Verantwortlichen. Der Kampf um Gerechtigkeit geht weiter.


pbi-Unterstützung für Suciwati und internationale Beziehungen

Die pbi-MitarbeiterInnen in Jakarta, ausschließlich als BeobachterInnen bei den Gerichtsprozessen, unterstützen Suciwati hauptsächlich dabei, ein weitreichendes Netz an internationalen Kontakten aufzubauen. Der verstorbene Munir war pbi als Mitarbeiter bei KontraS persönlich bekannt.

Suciwati ist sehr populär im Ausland. Vom TIME Asla Magazin wurde sie 2005 als eine "Heldin des Jahres" gefeiert und bekam 2006 den Gwangju Preis für Menschenrechte. Sie spricht häufig mit der ausländischen Presse und drängte europäische und nordamerikanische Regierungen immer wieder, Stellung zum Mord und dessen beschwerlicher Aufklärung zu beziehen.

2004 gründete sie die Organisation JSKK (Jaringan Solidaritas Keluarga Korban), ein Netzwerk zur gegenseitigen Unterstützung der Familien von Gewaltopfern. Damit will sie andere Familien mit einem ähnlichen Schicksal unterstützen. Suciwati lebt in Jakarta. - pbi


Munir Said Thalib (1965-2004)

Bekannter Anwalt und Menschenrechtsaktivist. Gründete 1998 die Menschenrechtsorganisation "Kommission für die Verschwundenen und die Opfer von Gewalt" (Kontras). Kritisierte die indonesische Regierung und das Militär, insbesondere wegen ihres Vorgehens in Osttimor und Aceh. Munir erhielt zahlreiche internationale Auszeichnungen, im Jahr 2000 den Alternativen Nobelpreis.


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Quelle:
pbi Rundbrief 01/08, S. 14
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2008