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ARTIKEL/352: Killerroboter und Gender (ZivilCourage)


ZivilCourage - Nr. 2 / 2020
Magazin der DFG-VK

Killerroboter und Gender
Warum Männer autonome Waffen bauen und wir alle darunter leiden werden

Von Marius Pletsch


Seit einem Jahr ist die DFG-VK Mitglied in der internationalen "Campaign to Stop Killer Robots" und ihrem deutschen Ableger, der Kampagne "Killer Roboter Stoppen". Wir haben bereits an globalen Kampagnentreffen teilgenommen, waren bei den Vereinten Nationen in Genf an den Gesprächen über "Lethal Autonomous Weapons Systems" (LAWS) beteiligt und haben zu dem Thema Aktionen gemacht - etwa bei der Videospielmesse "Gamescom" in Köln.

Nun haben wir auch erstmals eine Konferenz zu dem Thema organisiert: Am Samstag, den 8. Februar, ging es an der Universität Kassel um "Killerroboter & Gender". Die deutsche Kampagne gegen Killerroboter lud Interessierte ein, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie bestehende Genderhierarchien und -vorstellungen Technologie prägen und welche Auswirkungen wiederum autonome Waffensysteme auf Individuen und Gesellschaften haben werden, sollten sie in großem Maße entwickelt, produziert und eingesetzt werden. Im Anschluss an die Vorträge und in einer Abschlussdiskussion gab es Möglichkeiten zu Fragen und zum Austausch.

Der erste Vortrag von Anna Katharina Ferl, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin bei der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, führte sowohl in das Thema der autonomen Waffen als auch das der Gendertheorie ein. Sie zeigte, wie eine Genderanalyse von LAWS helfen kann, Machtverhältnisse zu untersuchen und aufzudecken: "Soziale Konstruktionen wie Gender haben Auswirkungen auf die Leben der Menschen - mit einer Genderanalyse können wir Emanzipation und Transformation ungleicher Machtverhältnisse ermöglichen."

Waffen wie Killerroboter symbolisierten dabei maskuline Macht. Die maskulinen Bedeutungen und Normen seien dabei in der Technologie verankert und könnten so soziale Machtstrukturen reproduzieren. Ein Problem sei die mangelnde Repräsentation von nicht-westlichen und nicht-männlichen Personen in der Entwicklung der Technologien und den Gesprächen über autonome Waffensysteme z.B. in internationalen diplomatischen Foren, in denen Regeln für die Nutzung geschaffen werden könnten: "Bei der ersten UN-Konferenz zu autonomen Waffensystemen war keine einzige Frau als Expertin geladen", so Ferl.

Den zweiten Vortrag hielt der Physiker und Friedensforscher Jürgen Altmann, der an der Technischen Universität Dortmund lehrt. Er beschäftigte sich mit den Definitionen von autonomen Waffensystemen: "Die deutsche Definition ist sehr problematisch", so Altmanns Urteil. Waffensysteme, die konkret in der Entwicklung und autonom seien, würden nicht unter die sehr spezielle Definition der Bundesregierung fallen. Des Weiteren beschäftigte er sich mit den Systemen, die heute schon Autonomie in kritischen Funktionen aufweisen, wie die israelische Kamikaze-Drohne "Harpy", die sich ohne weiteres menschliches Zutun in eine gegnerische Radaranlage stürzen und dort detonieren kann. Die derzeit in der Entwicklung befindlichen Systeme werden sich von heutigen Drohnen dahingehend unterscheiden, dass sie primär auf Großmachtkonflikte ausgelegt sind und weniger, wie heutige Drohnen, auf die Bekämpfung von einzelnen Zielen in einem Staat, in dem man sowieso keine Luftabwehr zu fürchten hat.

Der dritte und letzte Vortrag von Nina Bernarding, Ko-Leiterin des Berliner Zentrums für feministische Außenpolitik ging darauf ein, wie die Zivilgesellschaft die Politiker*innen und Diplomat*innen auf das Thema Gender und Killerroboter aufmerksam machen könne. Insbesondere Frauen und Menschen aus der LGBTQI-Community seien gefragt das Thema anzusprechen und für eine Sensibilisierung zu sorgen.

Insgesamt war die von der internationalen Killerroboter-Kampagne finanzierte und vom DFG-VK-Bundesverband mit Unterstützung der Kasseler Ortsgruppe organisierte Konferenz sehr erkenntnisreich.


Marius Pletsch ist Mitglied im DFG-VK-BundessprecherInnenkreis.

Weitere Informationen im Internet:
www.killer-roboter-stoppen.de

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Quelle:
ZivilCourage - das DFG-VK Magazin, Nr. 2 / 2020, S. 19
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
Hornbergstraße 100, 70188 Stuttgart
Redaktion: ZivilCourage - das DFG-VK-Magazin,
Hornbergstraße 100, 70188 Stuttgart
Telefon: 0711 - 51 89 26 20
E-Mail: zc@dfg-vk.de
Internet: www.zc-online.de
 
Erscheinungsweise: fünf Mal jährlich
Jahres-Abonnement: 14,00 Euro inklusive Porto
Einzelheft: 2,80 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2020

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