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BERICHT/195: Aktuelle Arbeitsprojekte der Deutschen Friedensgesellschaft (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 2 - Mai 2008
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

DFG-VK mobilisieren! - Friedensbewegung unterstützen! - Afghanistankrieg beenden!
Aktuelle Arbeitsprojekte der DFG-VK

Von Monty Schädel


Auf dem Nato-Gipfel in Bukarest Anfang April sei, so meldeten die Medien, eine neue Strategie für Afghanistan besprochen und ein Exit-Plan beschlossen worden. Bei etwas genauerem Lesen oder Hinhören wurde sehr schnell deutlich, dass das jedoch lediglich Seifenblasen für Medienschlagzeilen waren und der Propaganda dienten. Am Ende des Gipfeltreffens verkündete die Kanzlerin, dass sich die Nato-Regierungschefs darauf verständigt hätten, die zivile Komponente in dem Kriegseinsatz mehr zu beachten. Sie wiederholte damit letztlich nur die Propaganda, mit der der deutschen Bevölkerung seit Jahren bereits der Krieg in Afghanistan präsentiert werden soll. Gleichzeitig wurden aber mehr Soldaten der Nato für den Kriegseinsatz in Afghanistan zugesagt, der französische Präsident "vergaß" sein Wahlversprechen und stockte die Truppen auf, anstatt abzuziehen, die Kanadier bleiben auch weiterhin dort, die Amerikaner sowieso. Am Ende wurde bezüglich Afghanistan nichts bewegt, was zum Frieden oder mindestens zu einer Beendigung der Kämpfe führen wird.

Auch die regierungsamtlichen Diskussionen in der Bundesrepublik waren von taktischen Gesichtspunkten geprägt. Sollte bei der nächsten Abstimmung über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Herbst nicht gleich für die nächsten 18 oder 24 Monate entschieden werden? Kann die Abstimmung über Krieg und Frieden nicht aus dem Bundestagswahlkampf 2009 heraus gehalten werden?

Selbst die Grünen haben auf ihrem so genannten friedenspolitischen Kongress Anfang März in Berlin zwar auch allgemein über Pazifismus gesprochen, doch ansonsten ähnliche Vokabeln wie die Kanzlerin genutzt. Mit Gästen wie u.a. dem Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn wurde nicht über die Beendigung des Krieges, sondern über "Prinzipien und Kriterien für Auslandseinsätze" diskutiert. Die Vorstellungen der grünen Friedensinitiative (www.gruene-friedensinitiative.de) oder die Analyse der grünen Jugend (www.gruene-jugend.de) zu grüner Regierungspolitik unter Schröder und Fischer kamen dagegen in der Regie des Kongresses nicht vor.

Vor diesem Hintergrund trifft es sich gut, dass die Friedensbewegung im Allgemeinen und die DFG-VK im Besonderen ihre Erwartungen an den NATO-Gipfel und die aktuelle Regierungspolitik nicht zu hoch geschraubt hatten. Bereits im Februar hatten sich Aktive aus der Kooperation für den Frieden und dem Kasseler Friedensratschlag unter Beteiligung der DFG-VK zu einer Afghanistaninitiative verabredet. Gemeinsam wird für den 7. und 8. Juni in Hannover ein internationaler Afghanistankongress (www.afghanistankongress.de) vorbereitet und eine gemeinsame Petition an den Bundestag gestartet. Seit Ostern werden bereits Unterschriften gesammelt, die im September vor der Abstimmung dem Bundestag übergeben werden sollen. Die im vergangenen Jahr erreichten 48.000 Unterschriften werden jedoch nur zu überbieten sein, wenn auch wirklich bundesweit und aktiv gesammelt wird.

Um einen Truppenabzug der Bundeswehr aus Afghanistan zu erreichen und den Krieg zu beenden, muss der deutlichen Bevölkerungs-Mehrheit gegen den Krieg wirksam Gehör verschafft werden. Die DFG-VK hat deshalb beschlossen, über die gemeinsamen Aktivitäten hinaus bis Oktober eine eigenen Afghanistankampagne durchzuführen (www.afghanistankampagne.de). Unser Verband will so die Initiativen der anderen Aktiven in der Friedensbewegung unterstützen, gleichzeitig aber auch eigene Ideen des Protestes umsetzen. Die DFG-VK will so ihre Position als bundesweite mitgliederstärkste Friedensorganisation ausbauen, das eigene Profil stärken und ihre Funktion als Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Teilen der deutschen Friedensbewegung wahrnehmen. Kampagnenziel der DFG-VK ist, dass im Herbst mindestens 50 Abgeordnete mehr gegen den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan stimmen als beim letzten Mal, dass die Bundeswehr Afghanistan verlässt und stattdessen zivile Alternativen Unterstützung finden und schließlich, dass Friedensverhandlungen unter Beteiligung aller afghanischen Volksgruppen und Konfliktparteien zu einer Beendigung des Krieges führen und das Land eine friedliche Perspektive erhält.

Die Ideen und Vorhaben der DFG-VK unter dem Motto ,verhandeln statt schießen - Den Afghanistankrieg beenden!" stoßen dabei auch in anderen friedenspolitischen Zusammenhängen auf Zuspruch und Unterstützung. Der beschlossene vielfältige Fächerkanon hat jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, regional kann er weiter ergänzt werden. Neben der Unterschriftensammlung soll bundesweit vor allem auf Aktionen bei den Bundes- und Landesparteitagen von SPD und Grünen sowie eine Aktionswoche vom 1. bis 9: Mai orientiert werden, in der wir mit Podiumsdiskussionen, Mahnwachen, Infoständen etc. die Bevölkerung informieren und aufmerksam machen. Gespräche vor bzw. in Partei- und Wahlkreisbüros sollen das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten auch in den Regionen thematisieren. Hintergrund für die Aktionswoche war die Überlegung, dass in vielen Parteistrukturen bis zum Beginn der Sommerpause die Entscheidungen über das Abstimmungsverhalten im Herbst gefällt werden. Bis dahin sind die Chancen am größten, Meinungen zu beeinflussen.

Daneben sollen aber, je nach regionalen Anforderungen und personellen Ressourcen, auch andere Aktionen unter dem Motto unserer Afghanistankampagne stattfinden und von Aktiven der DFG-VK organisiert werden. So finden verschiedene Vorträge statt, Referententouren sind bereits für Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg geplant. Aktionen vor Kasernen sollen Soldaten der US-Streitkräfte mit Informationen zur Kriegsdienstverweigerung versorgen, deutsche Soldaten sollen zur Kriegsdienstverweigerung aufgefordert werden. Aktionen gegen Rekrutierungsmaßnahmen der Bundeswehr sollen über die Folgen für die jungen Menschen aufklären und die Strategie der Bundeswehr, soziale Zwangslagen junger Menschen auszunutzen, skandalisieren. Im weiteren Verlauf des Jahres werden Abgeordnetengespräche organisiert, und im Herbst vor der Bundestagsentscheidung über eine Mandatsverlängerung soll eine Brief-/eMail-/Telefonaktion durchgeführt werden.

Neben diesen direkten Aktionen unserer Kampagne bietet der Krieg in Afghanistan aber auch die Möglichkeit, weitere friedenspolitische Themen in die Diskussion zu bringen. So hat die unsichere Situation in der Kriegsregion zur Folge, dass die in Pakistan vorhandenen Atomwaffen noch bedrohlicher geworden sind. Unser Kampf gegen Atomwaffen kann so in unsere Kampagne genauso Eingang finden wie die Aktivitäten gegen Rüstungsproduktion und -export, denn auch in Afghanistan werden deutsche Waffen verwendet.

Es liegt jetzt nur noch an uns, dass wir aktiv(er) werden und möglichst viele andere dabei mitreißen.

Informationen und Materialien zu der DFG-VK-Afghanistankampagne sind im Internet zu finden: www.afghanistankampagne.de und/oder www.schritte-zur-abruestung.de


Monty Schädel ist Bundesgeschäftsführer der DFG-VK.


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Quelle:
ZivilCourage Nr. 2 - Mai 2008, S. 22-23
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK e.V.),
Kasseler Straße 1A, 60486 Frankfurt
Redaktion: ZivilCourage, Postfach 90 08 43, 21048 Hamburg
Tel. 040/18 05 82 87, Telefax: 01212/571 94 60 95
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Internet: www.zc-online.de

Erscheinungsweise: zweimonatlich
Jahres-Abonnement: 12,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,00 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2008