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FREE GAZA/137: Fast alle Gaza-Helfer frei (jW)


junge Welt - Die Tageszeitung - Ausgabe vom 3. Juni 2010

Fast alle Gaza-Helfer frei

Von Karin Leukefeld


Unter internationalem Druck hat Israel angekündigt, alle inhaftierten Aktivisten der Gaza-Freiheitsflotte in ihre Heimatländer abzuschieben. Weltweit war Israel für die blutige Aktion vom Montag morgen verurteilt worden, bei der mindestens neun Personen getötet wurden. Sowohl der UN-Sicherheitsrat als auch die NATO hatten Israel aufgefordert, die Gefangenen freizulassen, die Schiffe freizugeben und die Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen. Eine internationale, unabhängige Untersuchung soll die Vorgänge klären.

126 Personen aus arabischen Staaten waren bereits in der Nacht zum Mittwoch zur Allenby-Brücke gebracht worden, dem Grenzübergang nach Jordanien, wo sie von Freunden, Angehörigen und Journalisten empfangen wurden. Die Türkei schickte drei Militärflugzeuge nach Israel, um die etwa 350 türkischen Teilnehmer der »Free Gaza«-Flotte zurückzuholen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Israel heftig für das »blutige Massaker auf Schiffen mit Hilfsgütern« verurteilt.

Nicht frei kommen derweil vier palästinensische Bürger Israels, die sich ebenfalls an der Hilfsflotte beteiligt hatten. Die beiden Vorsitzenden der Islamischen Bewegung in Israel, Scheich Raed Salah und Scheich Hamad Abu Daabes, sowie der Vorsitzende des Komitees für Arabische Bürger in Israel, Muhammed Zeidan, und Lubna Masarwa, Aktivistin der »Free Gaza«-Bewegung und Mitarbeiterin der Al-Quds-Universität sollen nach dem Willen eines israelischen Gerichts in Ashkelon für eine weitere Woche in Haft bleiben. Das Anwaltsteam von ADALAH, einem Zentrum für die Rechte der Arabischen Minderheit in Israel, verurteilte die Entscheidung als »diskriminierend«. Die vier seien in Haft, weil sie »palästinensische arabische Bürger Israels seien«, hieß es in einer Stellungnahme.

Nach Angaben der Organisation »Ärzte für Menschenrechte« waren infolge des israelischen Sturmangriffs auf hoher See 52 Verletzte in Krankenhäusern eingeliefert worden, der Zugang zu ihnen sei untersagt. Verschiedenen Berichten zufolge sollen sich einige in kritischem Zustand befinden. Keine Informationen gibt es weiterhin über die Toten des Angriffs.

Talat Hussain, Moderator des pakistanischen Fernsehsenders Aaj, erhob derweil schwere Vorwürfe gegen Israel. Hussain, der für seinen Sender die internationale Hilfsflotte begleitet hatte, sagte nach seiner Abschiebung in einem Telefoninterview aus Jordanien: »Vor mir sind vier Leute in den Kopf geschossen worden. Ich wurde Zeuge, wie sie starben.« An Bord habe es keine Waffen gegeben, betonte Hussain. Um sich zu wehren, hätten die Aktivisten »die Israelis mit allem beworfen, was sie in die Finger bekamen«. Der schwedische Schriftsteller Henning Mankell prangerte Israel ebenfalls an. »Was wird im kommenden Jahr passieren, wenn wir mit Hunderten Booten zurückkehren? Werden sie dann eine Atombombe zünden?«

Michael Oren, Botschafter Israels in den USA, bezeichnete derweil in einem Interview mit dem Fernsehsender Fox News das israelische Vorgehen als »vollkommen legal, menschlich und sehr verantwortungsvoll«. Israel habe das Recht, sich zu schützen, so »wie die USA sich gegen die Deutschen und Japaner im Zweiten Weltkrieg« verteidigt hätten.

Insgesamt hatten 682 Friedensaktivisten aus 42 Ländern versucht, mit sechs Schiffen rund 10000 Tonnen Hilfsgüter in den von Israel abgeriegelten Gazastreifen zu bringen. Ein weiteres Frachtschiff, die »Rachel Corrie« aus Irland, plant derweil, ihren Weg nach Gaza fortzusetzen. Die irische Regierung forderte Israel gestern auf, das Schiff passieren zu lassen.


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Quelle:
junge Welt vom 03.06.2010
mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Redaktion
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2010