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TREFFPUNKT TEL AVIV/009: Offener Brief an den Minister für Innere Sicherheit, Y. Aharonowitz (Gush Shalom)


Gush Shalom

Der israelische Minister für innere Sicherheit diffamiert die Aktivisten des Tel Aviv Fly-In - sie sind keine "Hooligans"!


7. Juli 2011

An den Minister für Innere Sicherheit, Yitzhak Aharonowitz


Sehr geehrter Herr,

laut Medienberichten hat der Premierminister Sie mit der Aufgabe betraut, sich um das sogenannte "Fly-In" zu kümmern, bei dem Hunderte ausländischer Friedensaktivisten am kommenden Freitag auf dem Flughafen Ben Gurion landen werden.

Sie sollen gesagt haben, es handle sich bei diesen Personen um "Hooligans, die das Gesetz brechen", ohne dass Sie versucht hätten, zu prüfen oder herauszufinden, wer diese Personen sind und was ihre Absichten sind. Auch wurde die Aussage veröffentlicht, dass Sie vorhaben, sie mit roher Gewalt zu behandeln und zu diesem Zweck Tausende von Polizeibeamten auf dem Flughafen Ben Gurion einzusetzen. Diese gewaltsamen Pläne können dem Staat Israel ernsthafte und vollkommen vermeidbare Schäden zufügen.

Ich möchte die Fakten klarstellen. Vor einigen Monaten haben Organisationen der palästinensischen Zivilgesellschaft eine Einladung an Friedensaktivisten in aller Welt geschickt, in der Woche vom 8. bis zum 16. Juli die Westbank zu besuchen. Im Rahmen des Besuchs, der den Namen "Willkommen in Palästina" trägt, sind die ausländischen Besucher eingeladen, in den Häusern palästinensischer Familien zu wohnen und an verschiedenen kulturellen Aktivitäten wie dem Pflanzen von Olivenbäumen in der Umgebung von Ramallah, dem Besuch des Freedom Theater in Dschenin, dessen Direktor, Juliano Mer vor einigen Monaten ermordet wurde, und dem Besuch des Gemeindezentrums im Aida-Flüchtlingslagers in Bethlehem teilzunehmen. In keiner Art und Weise ist irgendeine gewalttätige oder provokative Aktion geplant. Tatsächlich haben die Palästinenser ihre Besucher aufgefordert, mit der ganzen Familie, mit ihren Kindern zu kommen, und viele beabsichtigen, dies zu tun.

Die Ersten, die die Einladung der Palästinenser angenommen haben, waren 350 Friedensaktivisten aus Frankreich, denen sich in den letzten Monaten Aktivisten aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Italien und Belgien angeschlossen haben, insgesamt etwa 600 Menschen - viele von ihnen, wie gesagt, in ganzen Familien mit ihren Kindern.

Wenn die Palästinenser einen eigenen Flughafen hätten, hätten die Aktivisten es bevorzugt, auf einem solchen Flughafen zu landen. Zurzeit ist es jedoch nur möglich, die palästinensischen Gebiete über Israel zu erreichen, und die Aktivisten haben auf eigene Kosten Tickets für Flüge, die auf dem Ben-Gurion-Flughafen landen, gekauft. Die Aktivisten haben keine Absicht, Chaos auf dem Flughafen zu stiften, und ihre einzige Absicht ist es, durch die Passkontrollen zu kommen wie jeder andere Reisende und ihre Reise fortzusetzen.

In den letzten Jahren war es in vielen Fällen so, dass Besucher, die auf dem Ben-Gurion-Flughafen ankamen und ihre Absicht erklärten, in die palästinensischen Gebiete zu reisen, nicht die Erlaubnis zur Einreise erhielten und kurzerhand ausgewiesen wurden. Infolgedessen haben solche Reisenden das Gefühl, zum Lügen gezwungen zu sein und den wahren Grund ihres Besuchs vor den israelischen Behörden verbergen und verschweigen zu müssen. Die Menschen, die diesen Freitag nach Israel kommen, haben nicht die Absicht, das zu tun. Jeder Einzelne von ihnen beabsichtigt, sich ehrlich und ernsthaft zu verhalten und deutlich zu erklären, dass es der Zweck ihres Besuches ist, zu den Palästinensern zu fahren. Zudem haben sich die Aktivisten Anfang dieser Woche mit Vertretern des französischen Außenministeriums getroffen und diese darum gebeten, den Zweck ihres Besuchs an die israelische Regierung zu übermitteln - offensichtlich hat diese Information Sie nicht erreicht.

Was auch immer am Freitag auf dem Ben-Gurion-Flughafen geschieht, ist völlig in Ihrer Hand, Herr Minister. Wenn es den Friedensaktivisten erlaubt wird, die Passkontrolle zu passieren, wird es einfach ein ganz normaler Tag auf dem Flughafen werden: Wenn Sie andererseits entscheiden, sich beleidigend und gewalttätig zu verhalten und nicht weniger als 600 Menschen auf einmal auszuweisen, darunter Familien mit Kindern, wird es ernsthafte logistische Probleme geben und später politische, diplomatische und Public Relations-Probleme, die uns für lange Zeit belasten könnten. Es ist noch nicht zu spät, sich dafür zu entscheiden, weise zu handeln.


Mit freundlichen Grüßen
Adam Keller, Sprecher
Gush Shalom


Quelle des Englischen Orginaltextes:
Mr. Minister, who are you calling a hooligan?
http://zope.gush-shalom.org/home/en/events/1309984859


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Quelle:
Offener Brief vom 7. Juli 2011
Gush Shalom, Israel
Telefon: +972-3-5221732
E-Mail: info@gush-shalom.org
Internet: www.zope.gush-shalom.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2011