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LÄNDERBERICHT/074: Kinder um die Zukunft gebracht - Armut in Asien wächst wieder


die zeitung - terre des hommes, 1. Quartal 2010

Kinder um die Zukunft gebracht
Armut in Asien wächst wieder

Von Michael Heuer


Als Folge der Krise müssen vor allem die Armen in Asien noch härter für ihr Überleben kämpfen. Neben Arbeitslosigkeit wird die Situation vor allem durch explodierende Nahrungsmittelpreise verschärft. Zum Beispiel in Kambodscha. Laut einer UNICEF-Studie müsse die Hälfte aller Haushalte bei der Ernährung sparen. Besonders in den städtischen Armenvierteln steige die Zahl unterernährter Kinder rapide an. Mehr und mehr Familien mit ihren Kindern würden in den informellen Sektor abgedrängt, also dorthin, wo die Arbeitsbedingungen häufig schlecht sind und jede soziale Absicherung fehlt.


Kindersterblichkeit steigt

Auch in anderen Ländern Asiens spitzt sich die Versorgungslage für einen Großteil der Bevölkerung zu. Ein weiterer Anstieg der Lebensmittelpreise um nur zehn Prozent würde nach Einschätzungen von Experten weitere 105 Millionen Menschen in der Region in Armut stürzen. Schon jetzt stellen die Folgen der Nahrungs-, Wirtschafts- und Finanzkrise eine Bedrohung für Mütter und Kinder dar. Ohne Schutzmaßnahmen muss mit einem Ansteigen der Anämie bei Müttern um zehn bis zwölf Prozent und einer Erhöhung der Zahl unterernährter Säuglinge um bis zu zehn Prozent gerechnet werden. Auch die Kindersterblichkeit und die Zahl chronisch unterernährter Jungen und Mädchen wird sich dramatisch erhöhen.

Die Krise bedroht auch die Erfolge bei der Armutsbekämpfung. Zum Beispiel in Indien. Dort verdienen 60 Prozent der Menschen weniger als 20 Rupien (30 Cent) am Tag, fast ein Viertel der Inder lebt unterhalb der Armutsgrenze. Um das Leben dieser Menschen zu verbessern, hatte die Regierung bereits im Jahre 2005 ein Programm mit dem Titel »National Rural Employment Guarantee Scheme« (NREGS) aufgelegt. Im Mittelpunkt steht das Ziel, der ländlichen Bevölkerung eine Arbeit bis zu 100 Tagen im Jahr zum regional üblichen Mindestlohn zu garantieren. International erhielt Indiens Regierung viel Anerkennung für dieses Entwicklungsprogramm. Die Hoffnung vieler Menschen richtet sich nun darauf, über dieses Arbeitsprogramm die Folgen der Krise abfedern zu können. Doch die Konkurrenz ist groß. In Tirupur, einem der wichtigsten Zentren der indischen Textilindustrie, haben zahlreiche Betriebe geschlossen und ihre Arbeiter entlassen. Viele der Betroffenen ziehen nun mit ihren Familien zurück aufs Land. Dort hoffen sie auf eine bessere Versorgungslage und eine Beschäftigung im Rahmen des NREGS-Programms.


Bellary kämpft mit vielen Krisen

In der Region Bellary im indischen Bundesstaat Karnataka haben die Menschen nicht nur unter den Folgen der Krise zu leiden. Zuerst verloren viele ihre Arbeit im Erzabbau. Im Oktober vergangenen Jahres führten starke Regenfälle und zahlreiche Dammbrüche zu großflächigen Überschwemmungen. Mehr als 300.000 Menschen wurden obdachlos und verloren ihr Hab und Gut. Vor der Krise boomte der Erzabbau in Bellary. Einige Familien nahmen in dieser Zeit Kredite auf, um sich mit einem kleinen Laden selbstständig zu machen. Nun stehen diese Menschen vor dem Nichts. Sie haben alles verloren und sind hoch verschuldet. Zu allem Überfluss stoppte die Regierung nach der Flutkatastrophe auch noch die Mittel aus dem NREGS-Beschäftigungsprogramm.

Besorgt sind auch die Mitarbeiter des terre des hommes-Projektpartners SEEDS. In den vergangen Jahren haben sie sehr erfolgreich Kinder aus illegalen Erzbetrieben befreit, um ihnen einen Schulbesuch zu ermöglichen. Jetzt befürchten sie, dass Jungen und Mädchen die Schule abbrechen könnten, um durch ihre Arbeit zum Unterhalt der Familien beizutragen. Für viele Kinder würde dann die Hoffnung auf eine besseres Leben und eine bessere Zukunft zerstört.


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Quelle:
die zeitung, 1. Quartal 2010, S. 5
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
E-Mail: info@tdh.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2010