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SPRÜNGE/008: Literatur im Pädagogen-Korsett, Deutschunterricht ab '45 (SB)


Weltfremd und instrumentalisiert

Literaturunterricht, ein Spiegel germanistischer Zeitgeschichte ab '45


"Deutschunterricht" - ein Reizwort für Generationen geplagter Schüler, unberechenbar in Leistungsanforderungen und Zensuren, "Geschwätz", wenn es um Literatur- und sonstige Textinterpretationen geht! - Und meistens der erste Kontaktbereich mit Literatur überhaupt, nachdem man selbst lesen gelernt hat.

Dieses Mal geht es in SPRÜNGE nicht darum, ein "Vorurteil" zu beseitigen, sondern darum, sozusagen durch die BRILLE vergrößert zu klären, was es mit dieser festsitzenden Ablehnung auf sich hat. Denn sie betrifft Literatur, genauer, die Literaturrezeption.

Die sogenannte Rezeption, also die Aufarbeitung der Wirkung eines Werkes, wird unausrottbar mit der gefürchteten Frage (in welcher Form auch immer verschleiert) eingeleitet: "Was will uns der Autor mit dieser Geschichte/diesem Roman sagen?" Sie führt dazu, daß bei Generationen von Schülerinnen und Schülern die Freude am Lesen im Keim erstickt und macht unbeweglich im Umgang mit Literatur. Denn sie schließt den Bereich der vielen Uneindeutigkeiten aus, der sich auf dem Weg zwischen Schreiber und Leser eröffnet - ein Bereich, der gleichzeitig die Chance bietet, Stellung zum Gelesenen zu nehmen. Die in der Frage enthaltenen pädagogischen Intentionen des Lehrers bilden eine weitere Einschränkung. Sie bewirken, daß ein möglicher, direkter Kontakt oder eine Identifikation mit dem Werk ausgeschaltet wird. Distanzierte Betrachtung wird in mehrfacher Hinsicht geradezu gefördert.

Die Literaturauswahl im Deutschunterricht ist stark zweckbestimmt: Sie soll in erster Linie dazu dienen, dem Lernenden eine gesellschaftliche Orientierung zu bieten, ihm Entscheidungshilfen für Konfliktsituationen zu liefern, ein Beispiel zu geben. Sie fördert die Stabilisation, die Eingliederung in die Gesellschaft, die Verinnerlichung gesellschaftlicher Werte. Auch die Kritik am gesellschaftlichen System hat einen festen Platz, sie führt zu seiner Bestätigung. Mit einer Auseinandersetzung mit dem Text, geschweige denn mit dem Autoren hat dieser Schwerpunkt nur noch sehr vermittelt zu tun. Was für die Schüler zudem weitgehend unerkannt bleibt, ist, daß sich die Lektürewahl zeitgeschichtlich bedingt ändert. Sie könnte - wenn sie durchsichtig gemacht werden würde - ein offenes Buch für die Entwicklung der deutschen Literatur sein, ein Abbild ihrer Rezeptionsgeschichte. Statt dessen ist sie ein Mittel zum Transport pädagogischer Schwerpunkte, die die Funktion haben, die aktuelle gesellschaftliche Situation zu festigen, nicht zu verändern.

Die folgenden Ausführungen sparen einen Kommentar dazu aus, daß der Deutschunterricht heutzutage hauptsächlich andere Funktionen erfüllen soll als gerade das Kennenlernen deutscher Literatur. Der Bereich "Literaturunterricht" nimmt anteilmäßig höchstens noch ein Drittel der gesamten Deutschstundenzahl ein. Die eigentlichen inhaltlichen Schwerpunkte beziehen sich auf die Zuträgerfunktion des Deutschunterrichts für fachfremde Gebiete:

* vermehrter Grammatikunterricht mit der Absicht, Zuträger für das Erlernen von Fremdsprachen und weniger ein Mittel zu sein, um das System der Sprache an sich besser zu durchschauen und damit Denken und Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern;

* Betonung des Bereichs Rede und Gespräch bzw. Kommunikation und Argumentation, um Sprechtechniken durchschauen und sich im Beruf erfolgreicher durchsetzen zu können und weniger, um sich zum Beispiel in Dialektik zu schulen und damit Denkmöglichkeiten zu eröffnen;

* Vermittlung eigener Schreiberfahrung - parallel zum gesellschaftlichen Trend - weniger mit dem Schwerpunkt darauf, das Schreibhandwerk zu erlernen und sich dem Leser erklärend, beschreibend oder erzählerisch zuzuwenden, sondern um im Sinne der Erlebniserweiterung "die Welt einzufangen, sich die Wirklichkeit erschreiben zu können" (aus der Literaturzeitschrift "ndl", Nr. 527, September/ Oktober 1999, Thomas Kraft: Franz Beckenbauer und der Realismus - Anmerkungen zur Erzählliteratur der neunziger Jahre, S. 127).


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Aber zurück zu dem Teil des Deutschunterrichts, der immer weniger Beachtung findet und immer weniger von direktem Nutzen erscheint, dem Literaturunterricht. Fast könnte man annehmen, er sei heute nur noch ein unterrichtsgeschichtlich bedingtes Anhängsel, das sich bald vollständig erübrigt oder in Randbereiche der Schule, d.h. Neigungs- und Arbeitsgruppen katapultiert haben wird. Anhand einer kurzen Darstellung der Literatur- und Unterrichtsgeschichte soll aufgezeigt werden, wie sehr diese Entwicklung der zeitgeschichtlichen Strömung entspricht.

Nach dem Krieg, ab 1945, suchten Schriftsteller und Germanisten (Germanistik: die Wissenschaft von der deutschen Sprache und Literatur) nach einem neuen Selbstverständnis - eine langsame Entwicklung, die zunächst mit äußerster Vorsicht betrieben wurde. Bevorzugt wich man erst einmal jeder Auseinandersetzung mit der alten und neuen gesellschaftlichen Wirklichkeit und der Kritik an den eigenen gesellschaftlichen Werten aus. Deshalb traten ganz formale, ästhetische Aspekte der Literatur in den Vordergrund. Auf der Seite der Interpreten schlug sich diese Gesellschafts- und Praxisferne in der werkimmanenten Methode nieder, d.h. das literarische "Kunstwerk" wurde zum alleinigen Gegenstand der Betrachtung, losgelöst von seinem gesellschaftlichen Kontext. Die Autoren kamen dem entgegen und zogen sich auf formale Experimente zurück, teilweise so konsequent wie Gottfried Benn, der behauptete, die Form sei überhaupt das Wesentliche (z.B. am Gedicht) und der Dichter müsse seine Texte wie im Labor montieren. Dies hatte zur Folge, daß sich die Texte dem allgemeinen Verständnis entzogen. Der österreichische Dichter Ernst Jandl zerlegte die Sprache in seinen Gedichten, die von ihm nur noch als Material aufgefaßt wurde, mit dem man experimentieren kann, in Silben und Laute und wurde damit zum Begründer einer neuen lyrischen Form, der "Konkreten Poesie".

Die unmittelbare Nachkriegswirklichkeit einschließlich der folgenden restaurativen Tendenzen in der Adenauer-Ära, verbunden mit der starken Neigung, gesellschaftliche Realität zu verdrängen und sich einer kritischen Auseinandersetzung durch Flucht in Regelwerk und Optimismus zu entziehen, machte sich auch in den Lektüre-Plänen des Deutschunterrichts bemerkbar. Die konservativen Lesebücher der 50er Jahre waren vollgestopft mit Geschichten, die agrarische Idylle, Werte wie Gehorsam, Fleiß und Genügsamkeit vermittelten. Literatur und Politik waren weit voneinander entfernt. Ein großer Teil der Gegenwartsliteratur wurde unterschlagen, klassische Autoren verehrt. Es galt das ministeriale Gütesiegel "Zugelassen zum Gebrauch an Schulen".

Was sorgsam vor den heiligen Schultoren blieb, waren zum Beispiel Gedichte mit kritischer Stellungnahme in der Tradition Brechts, u.a. von Hans Magnus Enzensberger, Kurzgeschichten von Böll und Andersch, Hörspiele von Günter Eich, die die verlogene kleinbürgerliche Moral zunehmend zum Thema machten. Schon 1947 gründete Hans Werner Richter eine lose Autorenvereinigung, die Gruppe 47, die für zwei Jahrzehnte den Kern des literarischen Lebens in der Bundesrepublik bildete. Sie führte die Dichtung der Nachkriegszeit von den ersten Versuchen, die aussichtslose Ausgangslage zu bewältigen in eine Phase der kritischen Auseinandersetzung mit der Gegenwart, die ab den 60er Jahren an Schärfe und Grundsätzlichkeit zunahm, u.a. durch Heinrich Böll, Wolfgang Koeppen, Martin Walser, Max Frisch.

Zu Beginn der 60er Jahre bildete sich theoretisch eine neue sozialistische Denkrichtung heraus. Sie beruhte auf der zunehmend staats- und kapitalismuskritischen Haltung in den Kirchen, auf dem kulturkritischem oder kulturpessimistischen Denken der Frankfurter Schule, auf den Schriften von Wilhelm Reich und Herbert Marcuse; auf den "Subkulturen" der fünfziger und sechziger Jahre, die der "herrschenden" Kultur eigene Werte und neue Lebensformen entgegensetzten, also den Charakter von Gegenkulturen hatten wie "Beatniks", "Hippies" und "Yippies", die sich seit Mitte der 50er Jahre von der Gesellschaft abwandten und sich ihr teilweise entgegenstellten. Diesen verdankt die deutsche Protestbewegung um 1968 die Ablehnung von "bürgerlichen Tugenden" wie Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit, Sparsamkeit und Fleiß und eigene Werte wie Spontaneität, Kreativität, Sexualität und ungehinderte Selbstverwirklichung.

Die Literatur brachte die gesellschaftliche Wende durch die Thematisierung und Aufarbeitung der NS-Zeit, die Kritik an der Restauration, am Kapitalismus und an der Kulturindustrie. 1967/68 kam es zum Konflikt. Die letzte Tagung der "Gruppe 47" vom 5. bis 8. Oktober 1967 wurde durch Mitglieder des Erlanger SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) massiv gestört und führte zu einem Zerwürfnis unter den Mitgliedern der "Gruppe 47". Ein Teil der Autoren distanzierte sich von den Studenten; der andere Teil solidarisierte sich mit ihnen und kritisierte die 47er-Literatur als harmlose, systemkonforme und systemstabilisierende Opposition. Den Kontext bildeten Feuilleton- Debatten über die gesellschaftliche Rolle der Literatur ("Kunst als Ware" - Debatte vom Herbst 1968) und Versuche, die Literatur zum Sprachrohr der Revolution zu machen: durch Entwicklung alternativer, nicht vom Kapital kontrollierter Produktions- und Vertriebsweisen und durch die Weiterentwicklung agitatorischer Formen wie Reportage (Erika Runge, Bottropper Protokolle; Wallraf, Industriereportagen), Lied und Song, Agit- Prop-Lyrik (Erich Fried gegen den Vietnam-Krieg 1964) und Agit- Prop-Theater. Im Kursbuch 15 von Hans Magnus Enzensberger wurde die bisherige Literatur für tot erklärt. Sie sei zu harmlos und unbedeutend, möge sie noch so engagiert und politisch gemeint sein. Ein neuer Anfang in Bescheidenheit sei nötig, politische Aktivität und ästhetisches Tun seien zukünftig zu trennen.

In dieser Phase der Neuorientierung entwickelten Studenten und fortschrittlich denkende Lehrende neue Schwerpunkte in der germanistischen Forschung, die auf eine vollständige Veränderung von Inhalten und Erkenntnisgegenständen hinauslief: sozialistische Literaturtraditionen wie Aufklärung, Literatur des Vormärz und des Jungen Deutschland, die "linke" Literatur der Weimarer Republik und Exilliteratur, klassische und romanistitsche Literatur wurden neu gelesen, Goethe und Schiller neu gewertet, Kinder- und Jugendliteratur, Tagebücher und Alltagstexte, Propaganda- und Reklamesprache, Frauenliteratur und Medienästhetik rücken in das literaturwissenschaftliche Forschungsinteresse.

Auch die Umgangsformen an den Hochschulen änderten sich, seit '68 der Germanistentag in Berlin gesprengt worden war: Es gab nun Seminare und Gruppenarbeit statt Vorlesungen. Die Bewertungskategorien gerieten ins Schwanken. Es bildete sich eine deutliche Orientierung an der marxistisch begründeten sozialgeschichtlichen Interpretationsmethode. Der sprachwissenschaftliche Anteil und die moderne sprachwissenschaftliche Forschung drängten die Mediävistik zurück, die sozialgeschichtlich reformiert wurde. Der Literaturbegriff wurde erweitert zum Textbegriff, der auch sogenannte "Trivialwerke" (Comics, Groschenhefte) und kommunikationsästhetische Aspekte von Literatur mit einbezog. Die Forschung wendete sich verstärkt Fragen der Praxis (Schule) zu. Die Literaturwissenschaft öffnete sich auch für Probleme der audiovisuellen Medien.

Anfang der 70er Jahre machte sich diese radikale Wende auch im Deutschunterricht der Schulen bemerkbar. Hier wurde den Lehrplänen eine stärkere Berücksichtigung kommunikations- und sprachwissenschaftlicher Fragestellungen abgefordert, auch im Deutschunterricht sollte Literatur in alltägliche Diskussionszusammenhänge miteinbezogen werden und vor allem eine Hinwendung zu zeitgemäßen Werken stattfinden. Daß dies in der Praxis nicht ganz so ideal aussah, zeigt zum Beispiel der Streit um die Neuen Hessischen Rahmenrichtlinien, in denen Begriffe wie Kommunikation recht schwammig gehalten wurden und Literatur fast ganz aus dem Deutschunterricht ausgegrenzt werden sollte. Hauptsächlich sollte der Unterricht dem Studium der Muttersprache dienen.

Die Politisierung der Literatur wurde aber auch kritisiert. Peter Handke zum Beispiel beharrte auf der Autonomie der Literatur. 1966 schrieb er in seinem Essay "Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms", "daß es in der Literatur nicht darum gehen kann, politisch bedeutungsgeladene Dinge beim Namen zu nennen, sondern vielmehr von ihnen zu abstrahieren". Und: "Ein engagierter Autor kann ich nicht sein, weil ich keine politische Alternative weiß zu dem, was ist, hier und woanders (höchstens eine anarchistische). Ich weiß nicht, was sein soll. Ich kenne nur konkrete Einzelheiten, die ich anders wünsche, ich kann nichts ganz anderes, Abstraktes, nennen. Im übrigen interessiert es mich als Autor auch nicht so sehr." Er hielt dem die "zukunftsmächtige Kraft poetischen Denkens" entgegen und fragte: "Wie wird man ein poetischer Mensch?"

Bis 1975 erfuhr die Diskussion um die Bedeutung der Literatur eine weitere Veränderung - wieder in Richtung "Entpolitisierung", die sich durch Handke schon abgezeichnet hatte. Das Literaturverständnis wurde differenzierter. Man ging von der Politisierung aus und sprach von der Erweiterung des Begriffs. Literatur wirke auch dann politisch, wenn sie nicht nach politischen Zusammenhängen und Hintergründen frage, sondern nach einer nicht politisch vorgeprägten Artikulation suche. "Neue Subjektivität", "Romantischer Rückfall" wurden ihr vorgeworfen, andererseits ein "Fortschritt" angeführt: Es gehe nicht um Rückzug aus der Politik, sondern um mehr als Politik, um Dichtung.

Entsprechend dieser Tendenzen öffnete sich die Germanistik seit Beginn der 80er Jahre gegenüber neuen, miteinander konkurrierenden Theorieansätzen. Diese Entwicklung setzte sich allerdings nicht so laut durch, weil es der germanistischen Forschung - bedingt durch Resignation angesichts schlechter beruflicher Aussichten der Studierenden und Desillusionierung, was Veränderungsmöglichkeiten anging - an Durchsetzungsvermögen mangelte. Wissenschaftspolitische Überlegungen für Schule und Lehrerausbildung waren: Null-Lösung und Reduzierung des geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereichs an den Universitäten. Was Ende der 60er Jahre zu Ausbau und Reform der Universitäten geführt hatte, verschwand zu Beginn der 80er Jahre aus wirtschaftlichen Gründen. Zudem hatte das Universitätsgelände seine Funktion als zentralen Ort politischer Diskussion und Sozialisation seit Mitte der 70er Jahre verloren. Die Auseinandersetzungen fanden, wenn überhaupt noch, in der Friedens-, Ökologie- und Frauenbewegung statt. Die dort in den 80er Jahren angefangene Fortschritts- und Zivilisationskritik schlug sich in der Literatur zum Beispiel in den Weltuntergangsszenarien von Enzensberger und Grass nieder. Zugleich entstanden einige historische Romane, die möglicherweise auch wegen des Angebots, vor den drängenden Zeitfragen in eine ferne Welt zu entfliehen, eine breite Leserschaft fanden (Patrick Süskinds "Das Parfüm"). Die Grenze zur Unterhaltungsliteratur begann zu verschwimmen.

Der Sinn des Literaturstudiums wurde wieder in der Literatur gesucht, nicht in der Gesellschaftsveränderung. Die eher traditionellen Formen wissenschaftlicher Vermittlung wie Vorlesungen fanden wieder Fürsprecher, gerade auch unter den Studierenden, die nach "Überblick" verlangten.

Anfang der 90er Jahre wendete sich die ökonomische Misere in gewisser Weise zum Vorteil: Da die berufliche Perspektive sowieso fehlte, gab es einen anderen Zugang zum Studiengegenstand Literatur ohne Rücksicht auf seine Verwertbarkeit. Die Motivation rührte ausschließlich aus der Anziehungskraft des Gegenstandes selbst sowie aus individueller Neigung her.

Die Werke kreisen heute auffällig um den Einzelmenschen, wobei das gesellschaftliche Umfeld weitgehend ausgespart bleibt. Vielfalt und beeindruckende Kunstfertigkeit sind das Ergebnis. Der sprachbewußte, belesene Autor spielt mit dem Vorhandenen und variiert es. Für sein Verfügen über Stile und Werke hat sich der Begriff der "Postmoderne" eingebürgert.

Entsprechend wird Literaturunterricht in den Schulen an den Rand geschoben. Literarische Bildung ist nicht mehr in den gesellschaftlichen Rationalisierungs- und Optimierungszwang einzupassen. Mit der Zunahme elektronischer Buchausgaben, mit der auf den Bildschirmumfang einschränkenden Textarbeit und mit der Not, eine erdrückende Fülle von Informationen zu verarbeiten, schwindet die Fähigkeit, geduldig und genau zu lesen, zu verweilen und zuzuhören. Mitteilung wird zweitrangig zugunsten von Sammeln und Anhäufen, die Fähigkeit zur Kontaktaufnahme verarmt. Kurz gesagt, es gibt nur noch wenig Berührungspunkte mit Sprachreflexionen und Literatur, die Auseinandersetzung damit kommt bei den erfolgs- und zielorientierten Anforderungen unserer Gesellschaft zuletzt, der Umgang damit wird unbeholfen und standpunktloser.


Erstveröffentlichung am 6. Februar 2000

5. Januar 2007