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FISCHEREI/008: Reform der EU-Fischereipolitik - EU-Kommissarin für Menschenrechtsklauseln (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. September 2010

Umwelt:
Reform der EU-Fischereipolitik - EU-Kommissarin für Menschenrechtsklauseln

Von David Cronin


Brüssel, 30. September (IPS) - Die EU-Kommissarin für Fischerei, Maria Damanaki, will im kommenden Jahr Vorschläge für eine Reform der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik (GFP) auf den Weg bringen. So sollen sich europäische Fischereiunternehmen künftig an strengere Umweltauflagen halten und bei künftigen Fischereiabkommen mit Afrika die Bedürfnisse der ärmeren Länder stärker berücksichtigt werden.

Ihr gehe es in erster Linie darum, den Erhalt der EU-Fischbestände zu garantieren, sagte Damanaki im Interview mit IPS. "Ich möchte sicher sein, dass meine Kinder noch Fisch essen können und den Fisch nicht nur als Bild in der Zeitung kennen", erklärte die Kommissarin, die auf der Insel Kreta geboren wurde.

Laut der Europäischen Kommission liegt die EU-Überfischungsquote mittlerweile bei 88 Prozent. Untersuchungen hätten ergeben, dass im Jahr 2022 lediglich sechs der 136 Fischarten, deren Fang von der EU reglementiert wird, noch in gutem Zustand sein würden, warnte Damanaki. "Wenn wir unsere Politik nicht ändern, wird es bald keine Fische und Fischer mehr geben."


EU-Fischereireform ein Muss

Angesichts der schwierigen Lage hofft Dalmanaki darauf, dass die EU-Staaten ihren Reformvorschlägen keine Steine in den Weg legen. "Wenn die Regierungen die Statistiken sehen, werden sie einsehen müssen, dass sie keine anderen Wahl haben. Ich weiß nicht, ob mein Unterfangen Erfolg haben wird, aber zumindest müssen wir es versuchen."

Vor allem der Blauflossen-Thunfisch gilt als stark gefährdet. Dalmanaki wird nach eigenen Angaben mit der Internationalen Kommission für den Erhalt des atlantischen Thunfisches (ICCAT) über neue Fangquoten oder sogar ein internationales Fangverbot beraten.

Im kommenden Jahr läuft ein EU-Fischereiabkommen mit Marokko aus, das europäischen Fischern gestattet, vor der Küste der von dem afrikanischen Land seit 1975 besetzten Westsahara ihre Netze auszuwerfen. Vom EU-Vertrag müssen rein theoretisch die Sahrauis, die Bewohner der Westsahara, profitieren.

Bei ihrem Amtantritt habe sie "diese EU-Fischereiabkommen geerbt", meinte dazu die EU-Kommissarin. "Und ich fürchte, sagen zu müssen, dass uns die Rahmenbedingungen (unter denen die Abkommen unterzeichnet wurden) erlaubt haben, das Abkommen ohne Menschenrechtsklauseln zu unterzeichnen. Mit der CFP-Reform jedoch wird es humanitäre und Menschenrechtsrechtsklauseln in den Verträgen geben."

Wie Dalmanaki kritisierte, hat sich die marokkanische Regierung auf die Anfrage nach dem Mehrwert des Vertrags für die Sahrauis nicht sonderlich kooperativ gezeigt. "In den nächsten zwei Monaten müssen wir entscheiden, was wir tun wollen. Wenn wir das Protokoll nicht verlängern, können unsere Fangflotten die Fanggründe nicht mehr nutzen."


Afrikaner sollen von der Reform profitieren

Auch die Abkommen der Europäischen Union mit Afrika sind nicht unumstritten. Nach Ansicht von Entwicklungs- und Umweltorganisationen profitieren nur einige wenige europäische Fischer von den EU-Fischereiverträgen. Die afrikanischen Staaten hingegen gingen weitgehend leer aus.

Dalmanaki kündigte an, sie werde keine Abkommen unterzeichnen, solange die EU keine neuen Rahmenbedingungen abstecken werde. Die Verträge, die ihr Vorgänger Joe Borg mit Mauretanien und anderen afrikanischen Ländern unterzeichnet habe, blieben bis dahin in Kraft. Sie wird aber nachprüfen, ob die Bevölkerung dieser Staaten tatsächlich einen Nutzen aus den Vereinbarungen ziehen konnte.

Vorgesehen sei, dass die Fischereiindustrie künftig selbst für den Zugang zu afrikanischen Gewässern zahlen müsse, erklärte Dalmanaki. Die Europäische Kommission werde ihrerseits sicherstellen, dass den Menschen in den Ländern Einnahmen zuflössen. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/damanaki/index_en.htm
http://europa.eu/pol/fish/index_en.htm
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=52973


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. September 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2010