Schattenblick → INFOPOOL → EUROPOOL → MEINUNGEN


STANDPUNKT/008: Horn - Griechen und Gläubiger sollten einen Schlichter suchen (idw)


Hans-Böckler-Stiftung - 30.06.2015

Horn: Griechen und Gläubiger sollten einen Schlichter suchen

IMK-Direktor: "Hauptproblem ist fundamentales Misstrauen"


Europa braucht dringend einen Schlichter, um mit dessen Hilfe aus der Sackgasse in den Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern herauszukommen. Ein von beiden Seiten anerkannter Vermittler biete vielleicht die letzte Chance, um einen Bankrott von Staat und Banken in Griechenland zu verhindern, der den kompletten Euroraum destabilisieren und auch die deutsche Wirtschaft schwer schädigen kann. Als Schlichter geeignet ist beispielsweise der Generalsekretär der Industrieländerorganisation OECD, Angel Gurria, oder die Führung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. Darauf weist Prof. Dr. Gustav Horn hin, der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. Für die Dauer der Schlichtungsgespräche sollte das laufende zweite Hilfspaket für Griechenland verlängert werden und der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Krisenstaat einen Zahlungsaufschub gewähren.

"Die Positionen der griechischen Regierung und der Gläubiger liegen in zentralen Fragen nicht so weit auseinander - zumindest, wenn das deutsch-französische Angebot vom Freitag belastbar wäre, das allerdings bislang nirgendwo schriftlich dokumentiert wurde", sagt Horn. "Das Hauptproblem ist aus meiner Sicht ein fundamentales Misstrauen, das mittlerweile zwischen den maßgeblichen Akteuren herrscht. In dieser Situation kann ein Schlichter oder Vermittler entscheidend weiterhelfen."

Die Anstrengung lohne sich in jedem Fall, betont der Wirtschaftsforscher. "Eine Währungsunion mit einem bankrotten Mitglied hat mehr als nur eine Sollbruchstelle. Wer das vernachlässigt, handelt fahrlässig" Die Gefahr einer Ansteckung anderer Länder bestehe nach wie vor. "Bis Freitagabend", so Horn, habe Deutschland gute Aussichten auf einen nachhaltigen Aufschwung gehabt. Auch dem Euroraum als Ganzes prognostiziert das IMK zum ersten Mal seit Jahren ein spürbares Wirtschaftswachstum - sofern es gelingt, die Zahlungsfähigkeit und den Verbleib Griechenlands in der Währungsunion zu sichern.* Anderenfalls seien diese Aussichten massiv in Frage gestellt. "Bei einem Grexit drohen nicht nur Griechenland, sondern auch dem Rest Europas weitere verlorene Jahre", sagt Horn.


Weitere Informationen unter:
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/52614_60319.htm
- PM zur aktuellen IMK-Konjunkturprognose:

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution621

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hans-Böckler-Stiftung, Rainer Jung, 30.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juli 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang