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LAIRE/052: Mangelnde Pressefreiheit in Slowenien (SB)


Einschränkung der Pressefreiheit in einem EU-Mitgliedsland

570 Journalisten unterzeichnen Petition gegen Pressezensur


Wenn ein Fünftel aller Mitarbeiter der Medien eines Landes eine Petition unterzeichnet, in der die mangelnde Pressefreiheit kritisiert wird, dann hat die betreffende Regierung offenbar ein ernsthaftes Problem. Wenn diese Regierung dann nicht einmal auf den Vorwurf reagiert, muß mit ihrem Demokratieverständnis einiges im argen liegen.

Jene Regierung hat gegenwärtig den EU-Ratsvorsitz inne und trifft damit Entscheidungen, von der alle Mitglieder der Europäischen Union betroffen sind. Die Rede ist von der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Slowenien. Der Journalist Blaz Zgaza von der Tageszeitung "Vecer" und sein Kollege vom staatlichen Fernsehen Matej Surc hatten im Herbst vergangenen Jahres eine Petition mit den Unterschriften von rund 570 Journalisten aus den verschiedenen Medienbereichen vorgelegt. Die Unterzeichner kritisieren, daß die Regierung Zensur ausübe und versuche, weiteren Einfluß auf die Medien auszuüben, um Kritiker mundtot zu machen.

Für ein ehemaliges Mitglied des sozialistischen Föderalstaats Jugoslawien, das beste Kontakte zur Sowjetunion (dem aus westlicher Sicht Inbegriff für Unfreiheit) unterhielt, aber sich inzwischen am vermeintlich freien Westen orientiert, sollte man meinen, daß es sich bemüht, die Vorwürfe ernstzunehmen und sie dadurch auszuräumen - nicht aber dadurch, daß sie versucht, die Kritiker wahlweise zu ignorieren oder anzugreifen und die Vorfälle zu bagatellisieren.

Der Staat Slowenien sei an großen Medienunternehmen des Landes beteiligt; dadurch sei es zu größeren Auswechslungen in den Chefetagen der Einrichtungen gekommen, kritisiert auch der Europäische Journalistenverband (EFJ). Täglich komme es bei den Entscheidungen von Herausgebern zu Beeinflussungen (EUobserver.com, 7. Januar 2008).

Nachdem sich die Brauerei Lasko vor rund zwei Jahren in die größte slowenische Tageszeitung, "Delo", eingekauft hatte, setzte damit der Premierminister Janez Jansa einen Fuß in die Tür der Medien, denn er war damals mit der Brauerei verbandelt (taz, 1. Januar 2008). Allem Anschein nach hat er versucht, Einfluß auf das Blatt zu gewinnen. Mehrere Journalisten, die eher dem linken Spektrum zugeordnet werden, nahmen schließlich ihren Hut.

Nachdem die beiden Journalisten keine Reaktion auf ihre Petition erhalten hatten, forderten sie die Einberufung einer auch mit ausländischen Experten besetzten Kommission zur Untersuchung der Pressefreiheit in Slowenien. EFJ und die internationale Dachorganisation IFJ unterstützten in einer gemeinsamen Stellungnahme die Forderung ihrer slowenischen Kollegen und schrieben, daß ein solcher Schritt ein extrem positives Signal an die EU senden würde, daß die slowenische Regierung bereit sei, für Pressefreiheit und journalistische Qualität einzustehen, und das nicht allein in Slowenien, sondern in ganz Europa.

Bislang erwecken der Premierminister und seine Regierung nicht den Eindruck, als nähmen sie die Vorwürfe ernst. Statt dessen warfen sie den Kritikern vor, sie verbreiteten Lügen und würden die Öffentlichkeit in Slowenien wie auch im Ausland in die Irre führen und dabei Slowenien, während es die EU-Ratspräsidentschaft innehabe, diffamieren (AFP, 7. Januar 2008).

Slowenien hat eine rasche Annäherung an den Westen vollzogen. Nach der Unabhängigkeitserklärung vom 25. Juni 1991 behielt die Teilrepublik in einem zehntägigen Krieg gegen die jugoslawische Armee die Oberhand. Bereits im Dezember 1991 wurde Slowenien von allen EU-Mitgliedern anerkannt. Nach einer sechsjährigen Übergangsphase folgte im Mai 2004 der Beitritt in die EU. Am 1. Januar 2007 wurde der Euro als Währung eingeführt, und mit dem Schengenbeitritt am 21. Dezember 2007 fielen die Grenzbäume nach Italien und Österreich, wohingegen die nach Kroatien verstärkt wurden. Nun hat es den Anschein, als wolle das Musterland unter den neueren EU-Mitgliedsstaaten nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch hinsichtlich der Einschränkung der Pressefreiheit allen anderen vorangehen.

9. Januar 2008