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FRANKREICH/002: Frankreichs Linke auf der Straße (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 47 vom 21. November 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Frankreichs Linke auf der Straße
Zehntausende demonstrierten gegen die Sparzwangpolitik

von Pierre Poulain



Auf Initiative eines vor einigen Wochen neu entstandenen "Kollektivs 3A" haben am 15. November zehntausende Französinnen und Franzosen in Paris und rund dreißig weiteren Städten gegen die Sparpolitik der sozialdemokratischen Regierung Valls/Hollande demonstriert.

Es war der Auftakt für ein Bündnis, dessen politische Bedeutung vor allem darin liegt, dass es erstmals Kräfte über die Reihen der bisherigen "Linksfront" hinaus vereinte und sich unmittelbar gegen die neoliberale Ausrichtung der von den Sozialdemokraten praktizierten Regierungspolitik richtete.

Die Bezeichnung 3A ist die Abkürzung für "Alternative à l'Austerité" ("Alternative zur Sparzwangpolitik"). Das unter dieser Bezeichnung agierende Kollektiv kam auf Initiative von rund 200 Persönlichkeiten unterschiedlichster Prägung zusammen und vereinigt etwa 70 verschiedene Organisationen.

Dazu gehören natürlich in erster Linie die Parteien der bisherigen "Linksfront", die Französische Kommunistische Partei (PCF), die Partei der Linken (PdG), linke Vereinigungen wie "Ensemble" ("Gemeinsam") und "Gauche Unitaire" ("Vereinte Linke"). Aber auch die nicht zur Linksfront gehörende "Neue Antikapitalistische Partei" (NPA) und erstmals auch führende Mitglieder der erst seit 2013 neu entstandenen Partei "Nouvelle Donne" ("Neue Gegebenheit") waren beteiligt und in den Demonstrationszügen präsent. Ebenso Teile des linken Flügels der französischen Grünen (EELV) und der linkssozialistischen Strömung der "besorgten Sozialisten" in der regierenden "Parti Socialiste" (PS). Ebenfalls beteiligt waren maßgebliche Vertreter der Gewerkschaftsbünde CGT, Solidaire, Force Ouvrière und FSU. In Paris zogen nach Veranstalterangaben 30.000 Demonstranten zum Sitz des Parlaments. Insgesamt haben sich rund 100.000 Menschen an den Demonstrationen in Toulouse, Bordeaux, Nizza, Straßburg, Metz, Lyon, Rennes und anderen großen Städten beteiligt.

François Hollande sei nicht dafür gewählt worden, die öffentlichen Ausgeben zu kürzen und den Unternehmern Geschenke zu machen, war von den Rednern immer wieder zu hören. Der gemeinsame Nenner aller Beteiligten war es, ein Stoppsignal gegen die Austeritätspolitik von Hollande/Valls zu setzen und zu bekunden, dass es eine machbare Alternative gibt.

Frankreich stehe am "Kreuzweg", war kurz vorher schon von den französischen Kommunisten auf einer Nationalkonferenz der Partei am 8./9. November in Montreuil unterstrichen worden. Eine von der Linken gewählte Regierung, die die Politik der Rechten macht und katastrophale wirtschaftliche Ergebnisse hervorbringt, ein Premierminister, der offen jeglicher Linksorientierung absagt, indem er für die Abschaffung des Bezugs seiner Partei auf den Sozialismus und ihre Umbenennung in "Demokratische Partei" plädierte - das droht auch katastrophale politische Folgen zu haben. Es ist bereits abzusehen, dass die Departementswahlen im März nächsten Jahres zu einer weiteren schweren Niederlage der PS führen, aber vor allem in einen weiteren Auftrieb für die Rechten und insbesondere die Rechtsextremisten des "Front National" (FN) münden werden.

"Wir richten heute einen Appell an das ganze Land: Ja, es ist möglich, die Politik zu ändern und Frankreich in die Höhe zu bringen", sagte PCF-Nationalsekretär Pierre Laurent in Montreuil. "Wir können nicht Gewehr bei Fuß stehen bleiben gegenüber den kleinen taktischen Spielchen, die schon das Jahr 2017 vorbereiten und dabei eine sozialistische Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2017, die auf den zweiten Platz hinter Marine Le Pen im ersten Wahlgang abzielt, als eine ehrgeizige Zielstellung ausgeben. Dieses Szenarium ist das eines sicheren Sieges der Rechten und Rechtsextremen", sagte er. Deshalb seien Worte allein jetzt nicht mehr genug. Die Zeit zur Aktion sei jetzt, um alle Kräfte zusammenzuführen, die der Austeritätspolitik der Regierung und dem drohenden politischen Desaster ein Ende setzen und einen Kurswechsel zu einer politischen Alternative nach links durchsetzen wollen.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 47 vom 21. November 2014, Seite 7
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2014


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