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IRLAND/004: Nordirland - Einstweilige Verfügung soll Aufklärung verhindern (Info Nordirland)


Info Nordirland - 14. August 2013

Nordirland - Einstweilige Verfügung soll Aufklärung verhindern - Unterschriftenkampagne



Relatives for Justice ist eine Belfaster Selbsthilfeorganisation von und für Menschen, die im Nordirlandkonflikt Opfer staatlicher Gewalt oder Opfer der Gewalt pro-britischer paramilitärischer Organisationen wurden. Per einstweiliger Verfügung versucht derzeit eine unheilige Allianz aus britischer Nordirlandministerin, dem Polizeipräsidenten der nordirischen Polizei PSNI und dem nordirischen Justizminister, drei Familien die Aufklärung des Todes ihrer Angehörigen dadurch zu erschweren, dass sie die Herausgabe von Informationen verweigern. In allen drei Fällen handelt es sich um Opfer staatlicher Gewalt und pro-britischer Paramilitärs in den frühen Jahren des Nordirlandkonflikts.



Einstweilige Verfügung soll Aufklärung verhindern
  11.8.2013 | Presseerklärung und Unterschriftenkampagne von Relatives for Justice (RFJ)

Gegen den Versuch der britischen Nordirlandministerin und des Polizeipräsidenten der nordirischen Polizei PSNI, Familien von Opfern staatlicher Gewalt und pro-britischer Paramilitärs Informationen über den Tod ihrer Angehörigen vorzuenthalten.

RFJ bittet um Unterstützung eines Protestschreibens an die Verantwortlichen.

Am frühen Freitagabend trafen sich Clara Reilly und Mark Thompson von RFJ mit der Ministerin des nordirischen Parlaments Caral Ní Chuilin. Die Ministerin übergab RFJ Kopien der gerichtlichen Untersuchungen und der Mitschrift der Gerichtsverfahren bezüglich dreier Morde im Kontext des Nordirlandkonflikts. RFJ hatte diese Dokumente im Auftrag der betroffenen Familien gemäß dem Gesetz zur Informationsfreiheit (Freedom of Information) bereits vor einiger Zeit angefordert.

Die Minsterin Chuilin erklärte RFJ, dass die Verzögerung bei der Aushändigung der Dokumente durch eine Reihe von Überprüfungen entstanden sei, in denen geklärt wurde, ob der Veröffentlichung nicht staatliche Interessen entgegenstünden. Sie sei nun überzeugt, dass der Anfrage der Opferfamilien entsprochen werden könne. Sie habe außerdem den Rat des Generalstaatsanwalts eingeholt, der die Übergabe der Dokumente an die Familien ebenfalls unterstütze.

Widerstand gegen die Veröffentlichung kam von der nordirischen Polizei PSNI, dem HET (Historical Enquiry Team), einer Polizeieinheit, die konfliktbezogene ungelöste Fälle untersucht, sowie vom britischen Nordirlandministerium (Northern Ireland Office, NIO). Nach Erhalt der Dokumente gab der Direktor von RFJ diese noch am selben Abend an die betreffenden Familien weiter. Am Samstag wurde bekannt, dass die britische Nordirlandministerin und der nordirische Polizeipräsident eine einstweilige Verfügung gegen das Kopieren und die Herausgabe der Dokumente erwirkt hatten.

Stellungnahme von Mark Thompson, Direktor von Relative for Justice:

"Die Dokumente der gerichtlichen Untersuchungen und der Mitschrift der Gerichtsverfahren sind der Öffentlichkeit bereits bekannt. Sie wurden in öffentlichen Gerichtsverfahren verlesen, Teile davon wurden in Medien zitiert. RFJ und die betroffenen Familien können nicht verstehen, warum eine britische Nordirlandministerin und ein nordirischer Polizeipräsident die Veröffentlichung bereits öffentlicher Dokumente per einstweiliger Verfügung verhindern wollen.In den vergangenen Jahren war es gängige Praxis von RFJ, solche Dokumente anzufordern, wenn die betroffenen Familien dies wünschten. Wir sind niemals auf ähnliche Probleme gestossen. Wir betrachten dies deshalb als Schikane und Einschüchterung von Familien, die elementare Informationen über den Tod ihrer Angehörigen suchen.Wir sehen dieses Verhalten auch als Einmischung in den Prozess der Suche nach Wahrheit und in das Recht der Familien, die Wahrheit über den Tod ihrer Angehörigen zu erfahren. Der Fall hat eine zusätzliche politische Bedeutung für den demokratischen Prozess, weil die Entscheidung einer gewählten Ministerin und des Rechtsbeistands der Regionalregierung bezüglich öffentlicher Dokumente in einer solch lächerlichen Weise in Frage gestellt wird.Dieses Verhalten der Nordirlandministerin und des Polizeipräsidenten ist allerdings in Einklang mit der Position der britischen Regierung, die den Familien die Wahrheit verweigert. Es ist aber besonders verwerflich, dass der Polizeipräsident in diese Aktion involviert ist. Denn vor Kurzem erst kam ein Bericht der Aufsichtsbehörde HMIC (Her Majesty's Inspectorate of Constabulary) über das HET-Polizeiteam zu dem Ergebnis, dass das HET britische Soldaten, die an Tötungen beteiligt waren, bevorzugt behandelt und vor der Übernahme von Verantwortung für ihre Taten beschützt."

Erklärung von Josephine Larmour, der Tochter von Sarah Larmour:

"Ich bin völlig entsetzt, dass die Organisation, die mich unterstützt, und Anwälte, die für die betroffenen Familien arbeiten, vor Gericht gebracht werden, wo doch diejenigen, die meine Mutter ermordet haben und diejenigen in den britischen Sicherheitskräften, die mit den Mördern zusammengearbeitet haben, vor Gericht stehen sollten."


Relatives for Justice bittet um Unterstützung eines Protestschreibens an die Verantwortlichen. Hintergrundinformationen und Informationen zur Unterschriftenaktion finden Sie in deutscher Sprache auf unserer Webseite Info Nordirland unter:

http://www.info-nordirland.de/news/2013/new2013_112_d.htm

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Quelle:
Info Nordirland / Baskenland
c/o Dr. Uschi Grandel
Holzhaussiedlung 15, 84069 Schierling
Telefon: 0049.(0)9451.949859
E-Mail: info@info-nordirland.de
Internet: www.info-nordirland.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2013