Schattenblick → INFOPOOL → EUROPOOL → POLITIK


ITALIEN/076: Neuer Vorstoß für einheitliche Kommunistische Partei (Gerhard Feldbauer)


Neuer Vorstoß für einheitliche Kommunistische Partei

Italiens Kommunisten bilden Vereinigung zur Vorbereitung ihrer Einheit und für breites linkes Bündnis

von Gerhard Feldbauer, 31. Januar 2015


Italiens Kommunisten, die sich zu ihrer marxistischen Identität bekennen, haben eine neue Initiative zur Überwindung ihrer Zersplitterung gestartet. Am 21. Januar trafen sich 150 Vertreter der Partei der Kommunistischen Wiedergründung (PRC) und der inzwischen in PCdI umbenannten Partei der Kommunisten Italiens sowie mehrerer Gruppen und derzeit nicht organisierte Kommunisten in Livorno, wo vor 94 Jahren die revolutionären Linken um Antonio Gramsci die Italienische Kommunistische Partei (IKP) gegründet hatten, um das weitere Vorgehen zu beraten.


Beratung am historischen Ort Livorno

Am 24. Januar folgte, ebenfalls am historischen Ort, in Bologna, wo vor 24 Jahren dieselbe Partei liquidiert wurde, eine zweite Tagung, an der nochmals über 100 Kommunisten teilnahmen. Sie stimmten dem Vorschlag zu, eine Vereinigung zur langfristigen Vorbereitung der Gründung einer einheitlichen kommunistischen Partei zu bilden, zur Erläuterung eine nationale Kampagne zu starten und weitere Veranstaltungen in zunächst 20 Großstädten durchzuführen. Sehr kritisch wurde in Livorno wie auch Bologna die Mitgliedschaft der PRC in der »Europäischen Linkspartei«, aber auch der Beobachterstatus der PCdI in der EL diskutiert.

Die Initiative für diesen neuen Vorstoß kam von einer Gruppe aktiver Kommunisten aus der PCdI und der PRC, dem sich weitere Persönlichkeiten aus verschiedenen Gruppen angeschlossen hatten. Unter ihnen der weit über Italien hinaus bekannte kommunistische Philosoph Professor Domenico Losurdo, Präsident der Internationalen Gesellschaft für Dialektisches Denken, der ein Manifest veröffentlichte, das in kurzer Zeit über 1.100 Kommunisten und Sympathisanten unterzeichneten. Das Manifest ruft dazu auf, mit der Vereinigung der Kommunisten Italiens einen langfristigen Prozeß zur Vorbereitung der Bildung einer einheitlichen kommunistischen Partei und zur Zusammenarbeit der Linken insgesamt einzuleiten.

Die Teilnehmer der Konferenzen in Livorno und Bologna, die dem Manifest geschlossen zustimmten, konnten feststellen, daß die Zahl der Unterzeichner des Manifests inzwischen auf über 1.500 angewachsen ist. Viele von ihnen sind gesellschaftlich breit verwurzelt, kommen aus PCdI und PRC, aus den Gewerkschaften, sozialen Zentren, den Partisanenverbänden, sind Wirtschaftsmanager, Vertreter der Wissenschaft, Literatur und Kunst. Zu ihnen gehören Professor Angelo d'Orsi von der Universität Turin, Professor Piergiovanni Alleva, Ordinarius für Arbeitsrecht an der Universität von Bologna und Rechtsberater der Gewerkschaft CGIL, sowie die frühere Senatorin der PCI Carla Nespolo, Vizepräsidentin der Associazione Nazionale Partigiani d'Italia (ANPI).


Das Beste aus der IKP übernehmen

Das Manifest ruft »alle kommunistischen Kräfte, welche sich auf verschiedene Weise auf das beste politische und ideologische Vermächtnis der Geschichte der IKP, der Klassenlinken Italiens und der internationalen kommunistischen Bewegung berufen sowie von den besten marxistischen Traditionen ausgehen, beginnend mit den Beiträgen Lenins und Gramscis« auf, sich mit »einer klaren internationalistischen und antiimperialistischen Ausrichtung« zum gemeinsamen Kampf zusammenzuschließen.

Die Beratungen analysierten den katastrophalen Niedergang der kommunistischen und linken Bewegung Italiens nach der Liquidierung der kommunistischen Partei - wie Domenico Losurdo die Umwandlung der IKP 1991 in die sozialdemokratisch ausgerichtete Linkspartei PDS nannte, der 2007 zum Zusammenschluß einer Mehrheit mit der katholischen Zentrumspartei Margherita zur Demokratischen Partei (PD) führte, in der eine linke Basis heute ein kümmerliches Dasein fristet.


Opportunismus mitgeschleppt

Aber auch in der 1991 gegründeten Nachfolgepartei der IKP, der Partito della Rifondazione Comunista (PRC), gelang es nicht, den aus der reformistischen Strömung in der IKP mitgeschleppten Opportunismus zu überwinden. Das fand einen besonders deutlichen Ausdruck darin, daß die PRC bei den Wahlen zum EU-Parlament im Jahr 2013 nicht mit einem eigenen Programm in den Wahlkampf ging, sondern unter dem Slogan »Ein anderes Europa mit Tsipras« für den griechischen Spitzenkandidaten der »Europäischen Linkspartei« warb. Fortschritte gibt es hier in der zweiten kommunistischen Partei, die an der kommunistischen Identität der IKP und an Lenin und Gramsci anknüpfen will und deshalb ihren bisherigen Namen Partei der Kommunisten Italien (PdCI) in Kommunistische Partei Italiens (PCdI) abgeändert hat.


Kommunisten müssen eigene Organisation bewahren

In Livorno wie auch Bologna wurde betont, daß es sich bei der Neugründung der Partei nicht um einen kurzen, sondern um einen langen, stufenweisen Prozeß handeln werde, der aber heute eingeleitet werden müsse, um »einen konstruktiven Dialog zu eröffnen und Schritt für Schritt nicht nur gelegentliche Übereinstimmung zu erzielen, sondern zu einer aufbauenden Aktionseinheit zu kommen«. Die Kommunisten dürften nicht in einer linken Partei aufgehen, sondern müßten in diesem Prozeß ihre eigene Organisation bewahren, aber mit dieser einen aktiven Beitrag zur Einheit einer klassenbewußten Partei leisten.

*

Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang