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ITALIEN/080: Gespenstischer Aufmarsch einer Phalanx von Faschisten und Rassisten in Rom (Gerhard Feldbauer)


Gespenstischer Aufmarsch einer Phalanx von Faschisten und Rassisten in Rom

Ziel ist, den Premier der Sozialdemokraten Matteo Renzi zu stürzen

von Gerhard Feldbauer, 1. März 2015


Unter Mussolini-Bildern und keltischen Kreuzen versammelte sich am Sonnabend in Rom auf der Piazza dell Popolo eine gefährliche Phalanx von mehreren Zehntausend Rassisten der Lega Nord, der faschistischen Casa Pound und der Fratelli Italia. Eröffnet wurde der gespenstische Aufmarsch vom Führer der Lega Nord, Matteo Salvini, der verkündete, einen neuen rechtsextremen Block zu bilden und an Stelle des vor dem politischen "Aus" stehenden Chefs der Forza Italia (FI) Berlusconi dessen Führung zu übernehmen.


Auf Anti-EU-Kurs

Hier in Rom starten wir "zur Eroberung des Landes und werden Renzi nach Hause schicken". Bei der Skizzierung seiner Anti-EU-Linie nannte er den Euro einmal "Verbrechen gegen die Menschheit" ein andermal eine "kriminelle Währung". Renzi sei "ein Diener der EU-Bürokraten" und stehe "im Dienst der Industrielobbys". Wir stehen an der Seite der Kleinunternehmer, der Handwerker, der Italiener, die arbeiten".


"Eiserner Pakt" mit Marine Le Pen

Es folgten von Ausländerhass geprägte Ausfälle, dass man Bootsflüchtlinge, "einfach auf hoher See in ihren Booten sitzen lassen solle". In Italien dürfe es für keinen einzigen Immigranten mehr "einen Platz geben". Nach Salvinis Rede wurde eine Videobotschaft der Chefin des französischen Front National, Marine Le Pen, gezeigt, mit der die Lega in der EU, wie Salvini erklärte, "einen eisernen Pakt" schließe und eine gemeinsame Gruppe in Brüssel bilden werde.


Schwenk zur Partei der "nationalen Einheit"

La Repubblica schätzte den Aufmarsch als eine Reaktion auf die bei der Präsidentenwahl erlittene schwere Niederlage der extremen Rechten ein, nach der Salvini das "politische Spektrum ausweiten und einen Pol der Opposition gegen die PD", eine "Anti-Renzi-Front" mit ihm an der Spitze formieren wolle. Die nächste Schlacht wolle er bei den Wahlen im Mai in sieben Regionen (Ländern) schlagen, aber er denke bereits an neue Parlamentswahlen, die erst 2018 zum Ende der Legislatur anstünden. Dazu gehöre, dass Salvini Abstand nehme von der Politik der Abspaltung des Nordens vom Zentralstaat und eine Umorientierung auf "Vaterland" und "nationale Einheit" vornehme, um die Lega aus einer auf den Norden orientierten Partei landesweit aufzustellen.


Eine Gefolgschaft von mehreren Hunderttausend Mitgliedern

Außer der Lega, die bei den EU-Wahlen im vergangenen Jahr auf sechs Prozent Stimmen kam, haben die neuen Partner - Casa Pound und Fratelli Italia noch an keinen Wahlen auf nationaler Ebene teilgenommen. Ihre Gefolgschaft wird bei Casa Pound auf gut 100.000 Mitglieder gezählt. Die Fratelli Italia rekrutierten sich aus der in Auflösung befindlichen Alleanza Nazionale, die zuletzt als eine Fraktion in der Partei Berlusconis mehrere Hunderttausend Mitglieder zählte. Offen bleibt, wie sich die FI zu dem Führungsanspruch des Lega-Chefs stellt. In der Partei Berlusconis halten die Auseinandersetzungen darüber an, dass der Ex-Premier die Führung abgeben soll. Bei den kommenden Regionalwahlen stehe es der FI, so Salvini, offen, sich seiner Koalition anzuschließen.


Antifaschistische Protest-Demonstration

Gegen den faschistisch-rassistischen Aufmarsch formierte sich eine Protestdemonstration von mehreren Tausend Antifaschisten, die von der Piazza Vittorio Emanuele in Richtung Piazza del Popolo marschierten. Unter ihnen befanden sich viele Mitglieder sozialer Zentren, die auf Spruchbändern und Plakaten die ausländerfeindlichen Ausfälle Salvinis anprangerten, und Angehörige von Roma, die erst kürzlich Opfer von Überfällen der Casa Pound geworden waren. Um Zusammenstöße zu vermeiden, waren 4.000 Polizisten aufgeboten, deren Einsatz Innenminister Angelino Alfano, Chef der neuen Rechtspartei NCD, einem Ableger der FI Berlusconis, persönlich leitete.

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Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2015

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