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ITALIEN/087: Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Sieges über den Faschismus (Gerhard Feldbauer)


Das antifaschistische Italien beging 25. Jahrestag des Sieges über den Faschismus

Staatspräsident Mattarella: "Antifaschismus grundlegendes Element der Demokratie".

Von Gerhard Feldbauer, 27. April 2015


Mit den führenden Repräsentanten des Staates, des Parlaments und der Regierung von der Demokratischen Partei (PD) an der Spitze feierte das antifaschistische und demokratische Italien am Sonnabend den 25. April, den Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. An diesem Tag begann vor 70 Jahren in Norditalien der bewaffnete Aufstand Hunderttausender Italiener gegen das Besatzungsregime Hitlerdeutschlands und seine Mussolini-Vasallen. Staatspräsident Sergio Mattarella schritt in Rom eine Ehrenformation der Streitkräfte ab und legte am "Altar des Vaterlandes" gegenüber dem Forum Romanum einen Kranz nieder. Anwesend waren u. a. Senatspräsident Piero Grasso und Verteidigungsministerin Roberta Pinotti.

Mattarella begab sich anschließend nach Mailand, wo er ebenfalls einen Kranz niederlegte und im Piccolo Teatro auf einer Festveranstaltung sprach. In Mailand hatte am 25. April 1945, noch während der schweren Kämpfe, das Nationale Befreiungskomitee für Oberitalien (CLNAI) die Macht übernommen. Mattarella würdigte den historischen Beitrag, den die italienische Resistenza mit dem Befreiungskrieg zum Sieg der Antihitlerkoalition über den Nazifaschismus leistete. Die nach dem Sturz der Monarchie und der Proklamation der Italienischen Republik angenommene Verfassung mit ihren antifaschistischen Grundsätzen bezeichnete er als "das grundlegende Ergebnis des 25. April", als den "Eckpfeiler der Zivilisation", ein "soziales Modell" und "Fundament der Ethik". In der Verfassung ist noch heute "das Recht auf Arbeit" verankert, und so war es bedeutungsvoll, dass der Staatschef den Kampf um dieses Recht wie auch gegen die Korruption und die Mafia die "Priorität der Prioritäten" nannte. Ministerpräsident Renzi nahm in Florenz, wo er früher Bürgermeister war, an den Veranstaltungen der Stadt teil, die am 11. August 1944 vier Wochen vor dem Eintreffen der alliierten Truppen von Partisanen befreit wurde.

An unzähligen Plätzen wurde des bewaffneten Widerstandes gedacht, so auch in der Via Tasso, wo am 23. März 1943 Männer und Frauen der städtischen Partisanen (GAP) einen Anschlag auf eine SS-Einheit verübten und 32 Soldaten töteten. 335 an dem Überfall nicht beteiligte Männer, Frauen und selbst Kinder wurden dafür in den Fosse Ardeatine (Tuffsteinhöhlen) bei Rom ermordet. Die dort errichtete Gedenkstätte wurde von vielen Italienern besucht und in ein Meer von Blumen verwandelt. In Genua, der mit der Goldmedaille des Widerstandes ausgezeichneten Hafenstadt, feierten Tausende und begaben sich in die Villa Migone, wo der Wehrmachtskommandant, General Günter Meinhold am 27. April vor dem Arbeiter und Mitglied des CLNAI, Remo Scappini, die Kapitulationsurkunde unterzeichnete und mit 9.000 Soldaten in Gefangenschaft ging. Parlamentspräsidentin Laura Boldrini besuchte das Haus der Familie Cervi in Regio Emilia, das heute ein Museum ist, das den sieben Brüdern Cervi gewidmet ist, die als Partisanen in die Hand der Mussolini-Faschisten gerieten und im Gefängnis von Parma alle umgebracht wurden. Gast der Parlamentspräsidentin war der EU-Präsident Martin Schulz, der an der Begehung teilnahm. Laura Boldrini appellierte an die zahlreichen Jugendlichen, das Erbe der Resistenza wach zu halten und in seinem Geist zu wirken. Sie sang mit den Besuchern das legendäre Partisanenlied Bella Ciao, das auf vielen Veranstaltungen dieses Tages erklang.

Die Feiern zum Beginn des bewaffneten Aufstandes am 25. April 1945, der in der Verfassung als "Tag der Befreiung vom Faschismus" festgeschrieben wurde, waren eine demonstrative Abfuhr an die in den vergangenen Jahren von den rechtsextremen Kräften um den faschistoiden dreimaligen Ministerpräsidenten Berlusconi unternommenen Versuche, die antifaschistischen Grundsätze aus der Verfassung und überhaupt das Erbe der Resistenza auszulöschen. Das machte nicht nur Präsident Mattarella deutlich, der sagte: "Der Antifaschismus ist "ein grundlegendes Element der Demokratie".

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Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2015

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