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INNEN/486: Fortentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems beschlossen (BMI)


Bundesministeriums des Innern - Pressemitteilung vom 7. Juni 2013

Fortentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems beschlossen



In Luxemburg hat heute [7.6.13] der Rat der EU-Justiz- und Innenminister die Neufassungen der Dublin-Verordnung, der Richtlinie über das Asylverfahren sowie der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber formal verabschiedet.

Der Beschluss über die Eurodac-Verordnung soll noch im Juni folgen. Die vier Rechtstexte, die die Gesetzgebung zum sog. Gemeinsamen Europäischen Asylsystem vollenden, werden nach Beschlussfassung des Europäischen Parlaments voraussichtlich Mitte des Jahres mit Verkündung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.

Mit den vier Rechtsakten entwickelt die Europäische Union die rechtlichen Grundlagen für einen gemeinsamen Raum des Flüchtlingsschutzes und der Solidarität substanziell weiter. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem sieht hohe Schutzstandards vor und gewährleistet faire, schnelle und wirksame Verfahren, mit denen auch Missbrauch verhindert werden kann. Unabhängig vom Mitgliedstaat, in dem sich Schutzsuchende aufhalten, sollen sie eine gleichwertige Behandlung bei Verfahrensgarantien und Aufnahmebedingungen sowie einheitlichen Schutzstatus erhalten.

Hierzu erklärt Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich: "Mit der heute beschlossenen Weiterentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verfügt die Europäische Union über das weltweit modernste Flüchtlingsrecht mit hohen Standards. Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen in Brüssel ihre Ziele weitgehend erreicht, den Schutz der Flüchtlinge zu verbessern, bewährte Verfahren wie das deutsche Flughafenverfahren beizubehalten und neue bürokratische Hürden zu vermeiden.

Nun kommt es darauf an, dass alle Mitgliedstaaten die festgelegten Regelungen und Verfahren zügig und möglichst einheitlich umsetzen. Die großen Unterschiede, die in der Europäischen Union bei der Aufnahme von Schutzsuchenden und den Standards in der Praxis bestehen, müssen konsequent abgebaut werden. Die EU-Kommission als 'Hüterin der Verträge' ist in besonderem Maße gefordert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und für die Einhaltung der Regelungen in der Praxis zu sorgen."

Die wesentlichen Neuregelungen im Überblick:

1. Neufassung der Dublin-Verordnung (diese regelt die Kriterien zur Bestimmung des für Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaats und die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat; mit Inkrafttreten unmittelbare Geltung):

  • Bei unbegleiteten Minderjährigen soll nach Möglichkeit die räumliche Annährung an Familienmitglieder erfolgen.
  • Die Neufassung führt einen Mechanismus zur Frühwarnung, Vorsorge und Krisenbewältigung ein. Hiermit sollen Schwierigkeiten in dem Asylsystem eines Mitgliedstaates besser und vor allem rechtzeitig erkannt und ihnen entgegengewirkt werden.
  • Die Verordnung wurde um Rahmenbedingungen für Haft zur Sicherstellung der Überstellung ergänzt.
  • Das Recht auf Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs gegen den Überstellungsbeschluss wird gestärkt.

2. Neufassung der Richtlinie Asylverfahren (diese regelt die Durchführung des Asylverfahrens vor Behörden und Gerichten; innerhalb von zwei Jahren Umsetzung in nationales Recht erforderlich):

  • Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, in einem einheitlichen Verfahren über die Asylgewährung und die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden.
  • Die Verfahren sollen innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung abgeschlossen sein; eine Verlängerung um bis zu 12 Monaten bei komplexen Sachverhalten ist möglich.
  • Die Verfahrensgarantien für besonders schutzbedürftige Personen wie unbegleitete Minderjährige und Folteropfer werden gestärkt.
  • Rechtsbehelfe sollen im Interesse von effektivem Rechtsschutz grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben.

3. Neufassung der Richtlinie Aufnahmebedingungen (diese regelt Lebensbedingungen von Asylbewerbern während des Asylverfahrens, z.B. Unterbringung, medizinische Versorgung, Bildung, Beschäftigung, Haftfragen; innerhalb von zwei Jahren Umsetzung in nationales Recht erforderlich):

  • Asylbewerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt spätestens neun Monate nach Antragstellung, aber es bleibt weiterhin bei der Vorrangprüfung für eigene und EU-Bürger.
  • Die Neufassung enthält umfassende Regelungen für die Ingewahrsamnahme von Antragstellern. Eine zügige gerichtliche Überprüfung ist vorgeschrieben. In Deutschland werden Asylbewerber grundsätzlich nicht in Haft genommen.
  • Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die besonderen Bedürfnisse schutzbedürftiger Personen bei der Aufnahme zu beurteilen. Dies muss aber nicht in einem förmlichen Verwaltungsverfahren erfolgen.

4. Neufassung der Eurodac-Verordnung (diese regelt die zentrale europäische Datenbank, in der Fingerabdrücke von Asylbewerbern und illegal eingereisten Ausländern zur Bestimmung des zuständigen Dublin-Staates gespeichert werden; mit Inkrafttreten unmittelbare Geltung):

  • Die Neufassung sieht nunmehr vor, dass Strafverfolgungsbehörden zur Verhütung oder Aufdeckung von schweren Straftaten Zugang zu Eurodac-Daten bekommen.
  • Die Rechte der Betroffenen auf Auskunft, Berichtigung und wirksamen Rechtsschutz in Hinblick auf die in der Eurodac-Datenbank gespeicherten Daten werden gestärkt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 7. Juni 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2013