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INNEN/505: Politikwissenschaftler - EU-Bürokratie profitiert von politischem Stillstand (idw)


Universität Mannheim - 22.04.2015

Mannheimer Politikwissenschaftler: EU-Bürokratie profitiert von politischem Stillstand

Dr. Dirk Junge, Professor Dr. Thomas König und Bernd Luig erhalten "Wissenschaftspreis Bürokratie" des Instituts der deutschen Wirtschaft / Gesamtheit der legislativen und bürokratischen Aktivitäten der EU untersucht


Was passiert, wenn sich die Vertreter der Mitgliedstaaten einerseits und das Europäische Parlament andererseits bei der EU-Gesetzgebung blockieren? Die Politikwissenschaftler Dr. Dirk Junge, Professor Dr. Thomas König und Bernd Luig haben dies im Kontext eines Forschungsprojekts am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim untersucht und einen Gewinner ausgemacht.

"Wir haben herausgefunden, dass die Europäische Kommission Stillstand bei der Gesetzgebung oftmals nutzt, um ihre bürokratische Aktivität zu erhöhen", fasst Thomas König das Ergebnis der Studie zusammen. Das könne einerseits sinnvoll sein, da die EU auf diese Weise handlungsfähig bleibe. Andererseits sei es bedenklich, dass die Kommission einfach selbst Regelungen treffe, wenn keine effektive Kontrolle durch die gesetzgebenden Organe, also den Ministerrat und das Parlament, gewährleistet sei. "Dieses Ergebnis wirft unserer Ansicht nach weitere Fragen zur demokratischen Legitimation der Europäischen Union auf. Wir müssen als Wissenschaftler künftig noch genauer analysieren, welche Interessen im politischen Prozess der EU in welcher Form repräsentiert werden und wer sich letztlich durchsetzt", so König.


Sämtliche legislativen und bürokratischen Aktivitäten der EU untersucht

Für ihre Untersuchung haben die drei Politikwissenschaftler an der Universität Mannheim einen neuen Ansatz zur Berechnung des Blockaderisikos in Zweikammersystemen wie der Europäischen Gesetzgebung entwickelt. Die Forscher verbinden erstmals Daten über die gesamten legislativen und bürokratischen Aktivitäten der Europäischen Union. Dadurch werden für den Untersuchungszeitraum 1983 bis 2009 die Auswirkungen von Blockaden zwischen den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament auf die Gesetzgebung sowie auf den bürokratischen Aktivitätslevel der EU-Kommission messbar. Das Vorgehen der Forscher und die Ergebnisse wurden unter dem Titel "Legislative Gridlock and Bureaucratic Politics in the European Union" als Fachaufsatz im renommierten British Journal of Political Science veröffentlicht. Der Beitrag entstand im Kontext des MZES-Forschungsprojektes "Steuerpolitik in der EU im Umfeld neuer Fiskalinstitutionen und Abstimmungsverfahren", das von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des "WissenschaftsCampus MaTax" gefördert wird.


Preis des Instituts der deutschen Wirtschaft

Das Institut der deutschen Wirtschaft zeichnet die drei Politikwissenschaftler für ihre Studie mit dem erstmals ausgeschriebenen "Wissenschaftspreis Bürokratie" aus. Dieser soll wissenschaftliche Forschung zur Funktionsweise und Wirkung von Bürokratien in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft fördern. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird am 11. Mai 2015 am Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. verliehen.


Weitere Informationen:

Junge, Dirk, Thomas König und Bernd Luig: Legislative Gridlock and Bureaucratic Politics in the European Union. British Journal of Political Science (im Druck; online bereits veröffentlicht, s.
http://www.mzes.uni-mannheim.de/d7/en/publications/journal-article/legislative-gridlock-and-bureaucratic-politics-in-the-european-union).
DOI: 10.1017/S0007123414000027

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution61

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Mannheim, Katja Bär, 22.04.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2015

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