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WIRTSCHAFT/122: Euroland rutscht noch tiefer in die Rezession (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 21 vom 24. Mai 2013
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Euroland rutscht noch tiefer in die Rezession
Die neuesten EU-amtlichen Zahlen bezeugen: Sparzwangpolitik ist keine Rettung

von Georg Polikeit



Der Wirtschaftsrückgang in der Euro-Zone hat sich nach einer von der EU-Kommission Mitte Mai veröffentlichten Mitteilung im ersten Quartal 2013 auf weitere Staaten ausgedehnt und vertieft. Erstmals seit 2007/8 ist auch Frankreich offiziell in einer Rezession (zwei Quartale hintereinander Rückgang des Bruttoinlandsprodukts [BIP]). Für das gesamte Jahr 2013 wird für die Euro-Zone und die EU als Ganzes eine anhaltende Rezession vorhergesagt. Selbst für Deutschland ist nach Expertenschätzungen trotz der aggressiven Exportorientierung seiner global agierenden Unternehmen in diesem Jahr höchstens ein "Mini-Wachstum" zu erwarten.

Dabei sollte EU-Europa nach der einst beschlossenen "Lissabon-Strategie" ab 2010 der "dynamischste Wirtschaftsraum der Welt" sein. Stattdessen ist jetzt in US-Zeitungen vom "kranken Mann Europa" die Rede. So weit hat es die vor allem von der deutschen Regierung unter Frau Merkel durchgesetzte, an den Doktrinen des Neoliberalismus orientierte Politik des extremen Sparzwangs und des Sozialabbaus in den EU-Staaten gebracht.

Dennoch war nicht zu erwarten, dass der für letzten Mittwoch (22.5.) einberufene EU-Gipfel (nach Redaktionsschluss der UZ) sich mit dieser dramatisch verschlechterten Wirtschaftssituation befasst oder gar Gegenmaßnahmen beschließt. Vorgesehen war, dass sich dieser Treff schwerpunktmäßig mit Energiepolitik (lies: weitere Öffnung des EU-Marktes für die Geschäftemacherei der dominanten transnational agierenden Stromkonzerne unter Beseitigung eventuell noch bestehender nationaler Hindernisse und Ausbau der dafür erforderlichen transnationalen Netze) sowie mit "Steuerflucht und Steuerbetrug" befassen sollte. Für die anhaltenden Krisenprobleme gibt es lediglich die beruhigende schönrednerische Behauptung, dass sich die Lage spätestens 2014 voraussichtlich zum Besseren wenden werde.

Dabei sind die ökonomischen Daten, die die EU-Statistikbehörde Anfang des Monats zusammengestellt hat, reichlich beunruhigend. Nach den amtlichen EU-Angaben wird die Wirtschaftsleistung der Euro-Zone insgesamt, gemessen am BIP, im Jahr 2013 erneut um minus 0,4 Prozent zurückgehen - mehr als bisher in den offiziellen Prognosen angegeben. Schon im vorigen Jahr hatte die Euro-Zone einen Rückgang um 0,4 Prozent zu verzeichnen. Für alle 27 EU-Staaten wird für 2013 ein Rückgang um 0,1 Prozent vorhergesagt (2012 waren es - 0,3 %). Infolge der ökonomischen Ungleichgewichte wird die Wirtschaftsentwicklung in den einzelnen EU- bzw. Euro-Staaten allerdings sehr unterschiedlich verlaufen.

Für neun EU-Staaten sagt die amtliche Schätzung ein Anhalten oder sogar eine Vertiefung der Rezession voraus, während im Rest der EU-Länder positive Wachstumsraten angegeben werden, allerdings oftmals nur am oder wenig über dem Nullpunkt. Die Staaten in Rezession sind vor allem weiterhin Griechenland, Zypern, Italien, Portugal und Spanien, aber auch die Niederlande, die Slowakei, Tschechien und neuerdings Frankreich. Den schärfsten Einbruch im Jahr sagen die EU-Zahlen für Zypern vorher, nämlich einen Rückgang um nicht weniger -8,7 % im Jahr 2013 (nach -2,4 % im letzten Jahr). So sieht "Rettung Zyperns" durch den Euro-Rettungsschirm in der Praxis aus. Ein Rückgang des Wirtschaftswachstums, wenn auch noch nicht bis in den negativen Bereich, wird aber für 2013 auch für Deutschland (-0,3 %), Österreich (-0,2 %), die Slowakei (-1,0 %), Polen (-0,8 %) und weitere EU-Staaten vorausgesagt.

Kein Wunder, dass da auch die Arbeitslosigkeit neue Rekordhöhen erreicht. Für die Euro-Zone sagt die offizielle Statistik einen weiteren Anstieg der Arbeitslosenquote von 11,8 % Ende 2012 auf 12,2 % vorher. Für die EU insgesamt wird ein Anstieg von 10,7 % auf 11,1 % angegeben. Das sind in der EU insgesamt 26,8 Millionen Menschen ohne Arbeit, 1,5 Millionen mehr als 2012. Am schlimmsten betroffen sind nach wie vor die Menschen in Griechenland und Spanien (ca. 27 %), Portugal (18,2 %) und Zypern (15,5 %).

Die Jugendarbeitslosigkeit lag im März 2013 nach den amtlichen EU-Angaben im Euro-Raum bei 24,0 %, in der EU insgesamt bei 23,5 %. Das sind 5,7 Millionen betroffene junge Menschen unter 25 Jahren. Spitzenreiter waren laut EU-Statistik für März 2013 Griechenland (59,1 %), Spanien (55,9 %), Italien (38,4 %) und Portugal (38,3 %).

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, zeigen diese amtlichen Zahlenangaben der EU selbst einmal mehr, dass die unter Merkels Führung durchgesetzte EU-Politik entgegen aller offiziellen Schönrednerei die Euroländer und die EU als Ganzes nicht aus der Krise herausgebracht hat. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die über den EU-Fiskalpakt durchgesetzte Sparzwangspolitik hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Rezession in der Euro-Zone nach dem Einbruch 2007/8 nun bereits wieder zwei Jahre anhält. Das einzige Resultat dieser Politik ist die Abwälzung der Krisenlasten auf die arbeitende Bevölkerung per Lohneinbußen und Sozialabbau im Namen der Einschränkung der staatlichen Haushaltsdefizite und der Senkung der "Arbeitskosten" zur angeblichen "Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit", zur "Rettung" und Vermehrung der Profite der Großbanken- und Konzerne.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 45. Jahrgang, Nr. 21 vom 24. Mai 2013, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2013