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GRUNDRECHTE/007: Anwälte lehnen Vorratsdatenspeicherung generell ab (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 5. April 2011

Anwälte lehnen Vorratsdatenspeicherung generell ab
- Europäische Richtlinie muss auf den Prüfstand -


Berlin (DAV). Zurzeit wird über die mögliche Speicherdauer von Telekommunikationsdaten im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung diskutiert. Es gibt den Vorschlag des neuen Bundesinnenministers, der eine sechsmonatige Speicherdauer befürwortet. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt die Vorratsdatenspeicherung generell entschieden ab - unabhängig von der Speicherdauer. Die verdachtslose Speicherung von Daten stellt einen unverhältnismäßigen und damit verfassungswidrigen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Durch die anlasslose Speicherung aller Telefon-, E-Mail- und Internetverkehrsdaten für ein halbes Jahr wird das gesamte Telekommunikationsverhalten aller Bundesbürger erfasst. Die deutschen Vorschläge gehen auf eine Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie der EU zurück. In diesem Zusammenhang gibt der DAV zu bedenken, dass die EU-Justizkommissarin Viviane Reding selbst eine Überprüfung im Rahmen der laufenden Evaluierung dieser Richtlinie anstrebt. Der DAV bezweifelt, dass bei einer solchen Prüfung die Vereinbarkeit der Richtlinie mit der EU-Grundrechtecharta festgestellt wird.

"Mit der Vorratsdatenspeicherung wäre es möglich, weitreichende Sozial- und Bewegungsprofile der Bürgerinnen und Bürger zu erstellen", erläutert Rechtsanwalt Dr. Cord Brügmann, DAV-Hauptgeschäftsführer. Für die Speicherung personenbezogener Daten müsse es immer einen konkreten Anlass geben, ansonsten gäbe es keinen Schutz der Privatsphäre. Der Rechtsstaat sei aufgerufen, den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten.

Das Bundesministerium der Justiz hat ein Eckpunktepapier zur Sicherung vorhandener Verkehrsdaten und Gewährleistung von Bestandsdatenauskünften im Internet vorgelegt. Demnach sollen u. a. die bei den Telekommunikationsunternehmen vorhandenen Verkehrsdaten künftig nur noch anlassbezogen (Anfangsverdacht) gespeichert werden (das so genannte Quick-Freeze-Verfahren). Ein solches Verfahren könnte - je nach konkreter Ausgestaltung - nach Ansicht des DAV gerade noch hinnehmbar sein.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 9/11 vom 5. April 2011
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2011