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ZIVILRECHT/008: Präsidentschaftsprogramm im EP-Rechtsausschuß (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, am 30. Januar 2007

Präsidentschaftsprogramm mit dem Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments erörtert


Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries heute dem Rechtsausschuss (JURI) des Europäischen Parlamentes (EP) einen Besuch abgestattet und bei dieser Gelegenheit das Programm der deutschen EU- Ratspräsidentschaft mit den Ausschussmitgliedern erörtert.

"Mit diesem Treffen heute setzen wir das Anfang Januar mit einzelnen Ausschussmitglieder in Berlin bereits begonnene Gespräch über aktuelle Rechtssetzungsverfahren fort, die die deutsche Präsidentschaft voranbringen will. Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen des Europäischen Parlaments und hoffe auf ihre Unterstützung", sagte Zypries in Brüssel.

Der JURI-Ausschuss befasst sich mit der Auslegung und Anwendung des Rechts der Europäischen Union. Er ist zuständig für Rechtsakte der Gemeinschaft insbesondere in den Bereichen Zivil-, Handels- und Gesellschaftsrecht, für Rechtsvorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums und für Verfahrensrecht.

Zypries erläuterte den Abgeordneten das Programm der deutschen Präsidentschaft im Bereich Justiz (www.bmj.bund.de/europa). Im Mittelpunkt der Gespräche standen dabei die Dossiers, mit denen der JURI-Ausschuss unmittelbar oder mitberatend befasst ist. So berät dieser Ausschuss federführend Verordnungsentwürfe etwa im Schuldrecht. Hier soll mit der sog. "ROM I"-Verordnung geregelt werden, welches Recht bei streitigen Fragen über die Auslegung von Verträgen mit Auslandsbezug angewandt wird. Der Verordnungsentwurf "ROM II" bestimmt das anwendbare Recht bei deliktischen Ansprüchen mit Auslandsbezug, etwa wenn es um Schadensersatzansprüche eines Franzosen geht, der in Deutschland in einen Verkehrsunfall mit einem Deutschen verwickelt war.

Weiterhin erörterten die Parlamentarier mit der Bundesjustizministerin verschiedene vom JURI-Ausschuss mit zu beratende Dossiers, die die deutsche Ratspräsidentschaft wesentlich voranbringen will.

So erläuterte Zypries den Entwurf eines Rahmenbeschluss über Mindeststandards im Strafverfahren, mit dem die Rechte der Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union gestärkt werden sollen. Ziel ist es, Beschuldigten im Strafverfahren europaweit Mindeststandards im Verfahren zu garantieren. Dazu gehören beispielsweise Festlegungen, wann ein Dolmetschers hinzuzuziehen ist, wann ein Verteidiger beigeordnet werden muss und dass ein Beschuldigter über seine Rechte in seiner Muttersprache belehrt werden muss.

Den Entwurf für die sog. "Rom-III-Verordnung" berät der JURI-Ausschuss ebenfalls mit. Mit ihr soll geregelt werden, welches Gericht zuständig ist und welches Recht anwendbar sein soll, wenn sich binationale Ehepaare und Ehepaare mit Wohnsitz im Ausland in EU-Mitgliedsstaaten scheiden lassen wollen. Voraussetzung ist, dass ein hinreichender Bezug zu einem EU-Mitgliedstaat besteht. Ebenfalls mitberatend bearbeitet der Ausschuss den Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zu Unterhaltspflichten. Mit ihr sollen europaweit einheitliche Regeln geschaffen werden, nach denen Unterhaltsansprüche im Ausland geltend gemacht werden können. Der Verordnungsvorschlag bestimmt, welches Gericht in Unterhaltsstreitigkeiten zuständig ist und welches Recht das Gericht bei seiner Entscheidung anzuwenden hat.

Zugleich soll die Verordnung Voraussetzungen festschreiben, nach denen Unterhaltsentscheidungen eines Gerichts aus einem Mitgliedstaat in einem anderen anerkannt und vollstreckt werden. Weiterhin werden konkrete Regeln eingeführt, wie ein gerichtlich zuerkannter Unterhaltsanspruch zwangsweise durchgesetzt werden kann. Der Verordnungsentwurf sieht dafür konkrete Maßnahmen wie Kontensperrung und Pfändung vor. Schließlich enthält der Entwurf Bestimmungen über die praktische Zusammenarbeit nationaler zentraler Behörden der Mitgliedstaaten, um Unterhaltsgläubiger bei der Durchsetzung ihrer Forderungen besser zu unterstützen.

Zypries informierte die Parlamentarier schließlich über die Pläne der deutschen Ratspräsidentschaft, die Verhandlungen über den Rahmenbeschluss gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wieder aufzunehmen. "Unser Ziel sind europaweit gemeinsame Mindeststrafen für Straftaten, die aus rassistischen und fremdenfeindlichen Motiven begangen werden", unterstrich Zypries.

Ein weiterer Schwerpunkt des Präsidentschaftsprogramms liegt in der Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Justizaufgaben durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie. Zypries präsentierte den Abgeordneten dabei das erfolgreiche e-justice-Modellprojekt der Strafregistervernetzung, das Deutschland, Frankreich, Belgien und Spanien gemeinsam begonnen haben. Der Informationsaustausch über Eintragungen in nationalen Strafregistern wird durch den Einsatz der Informationstechnologie erheblich beschleunigt und ist tagesaktuell möglich, da lange Postwege für briefliche Benachrichtigungen entfallen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 30.01.2007
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2007